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(update:
13-05-2000)

23rd EUROPEAN CHAMPIONSHIPS 2000
WOMEN's Artistic Gymnastics
Paris-Bercy, 2000, May 12-14
- BALANCE  -

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pulsar_rot_blau.gif (1701 Byte) Retrospect:    St.Petersburg  WOMEN 1998   /  Juniors, Women 1998       

 pulsar_rot_blau.gif (1701 Byte) CHAMPIONS ALL


DAS WAREN DIE 23. EUROPAMEISTERSCHAFTEN 2000 IM OLYMPIAJAHR

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(1)  -  Eine Bilanz aus sportlicher Sicht von Sandra Schmidt -

Abgesehen von Swetlana Chorkina, die - allen Unkenrufen zum trotz -   vier Goldmedaillen, darunter die am Balken, wo sie zur letzten Weltmeisterschaft in Tianjin ja gleich mehrmals verturnt hatte - gewann und sich in Topform präsentierte, waren die Europameisterschaften eher arm an Persönlichkeiten. Cheftrainer Leonid Arkajew nahm den ersten Sieg eines russischen Teams in Europa überraschend gelassen, wohl wissend, dass dies nur eine Etappe auf dem Weg zum ersten Mannschaftsgold bei den Olympischen Spielen sein soll. Hier gilt nun Russland angesichts der wirklich erschreckend schwachen Leistung der Rumäninnen als   d e r  große Favorit.

Allein Simona Amanars Gold am Sprung, ihr Silber am Balken und Andreea Raducans Silber am Boden konnten den vollständigen Niedergang von Octavian Belus sonst so sieggewohnten Turnerinnen verhindern, nachdem er sich im Mannschaftskampf mit Bronze begnügen musste und im Mehrkampf sensationeller Weise leer ausging. Zudem stehen widersprüchliche Aussagen zum Gesundheitszustand der Weltmeisterin Maria Olaru im Raum: Hatte Belu vor den Finals erklärt, sie könne nicht einmal zum Zuschauen in die Halle kommen, da sie aufgrund der Rückenprobleme flach im Bett des Hotels liegen müsse, behauptete er in der Pressekonferenz - ohne mit der Wimper zu zucken - "Maria ist in sehr guter Verfassung".

Mit Mannschaftssilber hochzufrieden mußte die Ukraine doch etwas überraschend ohne Titel wieder abreisen. Trotzdem hinterliessen Viktoria Karpenko und auch Olga Roschupkina einen sehr guten Eindruck.

Völlig unverständlich hingegen die taktische Entscheidung der Französinnen: Sie setzen vermutlich im Sinne des besten Mannschaftsergebnisses weder bei Juniorinnen noch bei den Seniorinnen eine Turnerin an allen Geräten ein, so dass die Mehrkampffinals am Samstag ohne französische Beteiligung stattfanden - sehr zum Ärger zahlreicher angereister Turnfreunde!

Den Ausgleich hierfür erbrachte Ludivine Furnon, das Covergirl dieser Europameisterschaft, das dem enormen Erfolgsdruck standhielt, ihre Bodenübung fehlerfrei durchturnte und nicht zuletzt aufgrund des Heimbonus zur Europameisterin gekürt wurde. Dass ihrer 9.875 - die höchste Wertung aller Wettkämpfe!!! - nicht die beste Übung der Europameisterschaft entsprach steht allerdings ausser Zweifel.

Zum ersten Mal die verdient, was ihnen schon lange gebührt, haben die technisch makellosen und äusserst schwierig turnenden Spanierinnen unter Jesus Carballo. Esther Moyas fehlerfreier Mehrkampf wäre auch für eine Bronzemedaille gut gewesen, die sie mit gleich zwei neuen Sprüngen (Chorkina gestreckt/ Cuervo gestreckt) dann am Finaltag gewann.

(Sandra Schmidt)

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Und noch ein paar historische Dimensionen....

(2)  - GYMmedia Bilanz zur EM von Paris nebst kleinem Archivgang von Eckhard Herholz -

Traumhafte Online-Zugriffsraten stellten am Pariser EM-Wochenende alles bisher Dagewesene in den Schatten!
User aus über 40 Ländern drängelten sich förmlich zu den wichtigsten Zeiten der Entscheidungen auf den Websites von GYMmedia. Mit ihren 4 Korrespondenten vor Ort und dem schnellen Online-Service der französischen Gastgeber kam eine Rundumversorgung heraus, die in ihrer Userakzeptanz selbst die vergangene Turn-WM in Tianjin in den Schatten stellte:

Schlecht versorgt wurden dagegen die Fernsehzuschauer in Deutschland: Wenigstens Eurosport sendete zeitversetzt am späten Samstagabend einen kompletten Mehrkampfbericht. Die ARD begnügte sich am Sonntag nur auf das Finalgerät Sprung und die Siegerübung der überragenden Swetlana Chorkina am Stufenbarren. Nun hofften die Freunde im Mutterland des Turnsports auf die nachgereichten Finalübertragung am Montagabend (21.30 Uhr) bei EUROSPORT - denkste: Unangekündigt liefen die bereits statt Tennis im Vor-Abendprogrammm...
So ist das eben in einem Land, das sich im letzten Dezennium von einer Weltturnnation zurück in die Bedeutungslosigkeit entwickelt hat. Nationenrang 15 zur letzten WM 1999 im chinesischen Tianjin - dort, wo sich eine letzte alt-bundesdeutsche WM-Riege zuletzt einmal 1987 in Rotterdam befand. Die DDR-Deutschen holten damals noch Mannschaftsbronze und verabschiedeten sich mit einem 5.Rang 1989 in der Weltturngeschichte....!
Olympia ade, Teil 1, hiess es bereits nach der Turn-WM in Sabae und mit der Ex-Rostockerin Kathleen Kern-Stark und der Berlinerin Yvonne Pioch nahmen nur noch Einzelturnerinnen an Olympia in Atlanta 1996 teil.
Nun ist 4 Jahre danach selbst das nicht mehr möglich: Keine deutsche Turnerin unter den Top Ten des europäischen Mehrkampfes, keine Gerätefinal-Platzierung - damit Nichterfüllung der hohen nationalen Olympia-Qualifikationsnorm und erstmals nach 44 Jahren - seit Melbourne 1956 - soll damit der gesamte deutsche Frauenturnsport komplett bei Olympia draussen sein! (?) Das hat er wohl gewusst, der DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam, denn wo eigentlich ein hauptverantwortlicher Sportdirektor für Leistungssport hingehört, da reiste er gar nicht erst an, nach Paris zur EM. Wo doch sogar die in Leistungssportdingen eher unbedarften DTB-Topfunktionäre selbst zu Freudentänzen fähig sind, von DTB-Präsident Dieckert in Atlanta nach dem Wecker-Gold zelebriert...!
Wo liegt sie denn, die Wahrheit über den Frauenturnsport in diesem Lande?
"Gut gekämpft, Image auch international wieder aufpoliert..." schreibt eine bedeutende deutsche Nachrichtenagentur und weiss zu berichten, dass "  . die Stimmung im deutschen Lager keineswegs gedrückt schien..." (??).
Na was, denn, allseits Zufriedenheit...? Na, wenigstens wird die "Schuldfrage" diesmal anders gelöst, als nach der Turn-WM in China, als der auch damals verantwortliche Trainer Dieter Koch in erster, erregter Analyse und öffentlich die deutschen WM-Turnerinnen zu den "Sündenböcken der Turn-Nation" stempelte. Sicher haben auch diesmal Birgit Schweigert und Dagmar Fehrenschild ihr Bestes gegeben und mit Mehrkampfplatzierung 12 und 15 sowie mit Lisa Brügemann im Team gemeinsam auf Rang 9 haben sie eben im Rahmen ihrer Möglichkeiten geturnt. Man darf auch nicht vergessen: Dieser 12.Mehrkampfplatz von "Biggi" Schweigert ist die beste Platzierung einer deutschen Turnerin in den Neunzigern! Und wenn da die NOK-Olympianorm einen Platz unter den besten 6 eines Gerätefinals einfordert, sei angemerkt: Nach der Wende stand überhaupt keine Turnerin der Bundesrepublik mehr in einem EM-Finale.... (.... die letzte Deutsche war die Rostockerin Bärbel Wielgoss als 4. am Schwebebalken für die DDR, 1990 in Athen, gemeinsam damals mit der Spanierin Eva Rueda).
Also sollten sie doch gar nicht so aussichtslos sein, die nötigen "Olympischen Nachverhandlungen" mit Deutschlands Normenwächtern, denen man doch Realitätssinn sicher nicht absprechen sollte. Ein in Sydney  n i c h t   vorhandener deutscher Frauenturnsport richtet weitaus grösseren Schaden an, als eine Kompromiss-Lösung an Aufwand kosten würde.
Soweit zur akuten olympische Sachlage.

Viel bedeutsamer ist die Bedingungs- und Stellenwertdiskussion des deutschen Frauen-Leistungssturnsports:
Soeben hat auch Turnnation Schweiz (mal wieder!) eine gleiche Diskussion angefangen, auch öffentlich, nachzulesen in der Ausgabe der "NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG" vom 16.Mai d.J. unter der Überschrift "Schweizer Damen-Kunstturnen wohin?".

Besagte deutsche Nachrichtenagentur feierte da am Wochenende sicher zurecht Swetlana Chorkina als erfolgreichste EM-Turnerin von Paris: "Vier Titel hatte bei Europameisterschaften noch keine andere Turnerin erkämpfen können......"- das ist dann allerdings zuviel des Guten:
Da täte man aber der Grand Dame Larissa Latynina (URS) unrecht, die bereits zur I. Europameisterschaft am 26.Mai 1957 in Bukarest eine historische Marke setze: Sie gewann bereits damals alle 5 möglichen Titel. Mit ihr gleich zog 8 Jahre später die unvergessene Vera Caslavska (CSSR) 1965 in Sofia - ebenfalls mit dem totalen Triumpf und übrigens noch einmal vor dieser Larissa Lytynina, die nocheinmal 4 Silberne gewann.
Fünfmal Gold holte am 27. Oktober 1973 in London auch Ljudmilla Turischtschewa (URS) und zuletzt verabschiedete sich Turnnation UdSSR 1990 standesgemäss mit den 5 EM-Titeln einer Swetlana Boginskaja vor der Geschichte.

Und bei exakter Retrospektive stünden da - neben "Star 200" Chorkina -   noch eine ganze Anzahl weitere Berühmtheiten mit ebenfalls jeweils 4x EM-Gold bei einem Titelkampf: Nadja Comaneci  z.B. (ROM/1975 in Skien), Jelena Schuschunowa (URS/1985 in Helsinki), zwei Jahre später Daniela Silivas (ROM/ 1987 in Moskau). Soweit zu dieser historischen Richtigstellung.
Ganz bestimmt erbringt dieser Archivgang auch Nachdenklichkeit dann hervor, wenn man dabei auf die 4 Goldmedaillen auch deutscher Turnerinnen stösst: Maxi Gnauck aus dem EM-Jahre 1981 (Madrid), z.B.. Und kein seriöser Statistiker wird doch wohl etwa eine Dopingschublade aufziehen wollen, etwa bei der Bewertung einer ebenfalls 4-fachen Europameisterin Karin Janz, 1969 im schwedischen Landskrona. Das zu einer Zeit, wo im damaligen DDR-Gebiet wohl sicher keine besseren Verhältnisse als z.B. heutzutage im grossen Deutschland herrschten, wenn es auch der Leistungssport- Minderheit im "Osten" wohl auch immer ein wenig besser ging, als der Bevölkerungsmehrheit im Jahre 1969. Wenn man sich doch endlich mal von alten Denk-Klischeès trennen würde, zur Substanz- und Bedingungsanalyse käme, dann reduzierte sich vielleicht Manches vorurteilsfrei auf den Kern: Auf die komplexe Organisation von Leistung! Nichts anderes ist konsequent (!) betriebener Leistungssport. Entweder man macht ihn, dann konsequent ( - im humanen Sinne), oder man lässt ihn sein!
Wenn DDR-Turntrainer mit ihren Schützlingen damals eine Silbermedaille als Niederlage auswerteten, hätten ihre bundesdeutschen Kollegen dazu bloss den Kopf geschüttelt! Es war da aber ein ganz anderer Anspruch, so unter der Devise vom Trainer zur Athletin: "Also, Mädchen, machen wir Leistungssport, dann bitte 100%...!  98% gehen nicht, dann lassen wir es bleiben!"
Sie waren eben im Osten "schön hübsch deutsch", nämlich gründlich und penibel und unerbittlich konsequent - aber/und weltstands-orientiert! Eigenschaften, für die man heute Wirtschaftsmanagern die Füsse küsst...!

Komplexe Organisation von Leistung - ohne ideologischen Hintergrund - mit einem DTB-Anspruch an humanen Leistungssports und dem Ergebnis von Persönlichkeit  u n d   Weltspitzenleistung - das ist die aktuelle Forderung auch im deutschen Frauenturnsport!

Sollten Funktionäre weiterhin der Auffassung sein, dass sich diese Forderungen ausschliessen oder nicht erfüllbar sind, ergeben sich nur zwei Alternativen: Man muss im Interesse der sich in diesem Bereich befindenden Kindern   mit Halbherzigkeiten aufhören und zur trendigen "Just-for-Fun-Mentalität" wechseln oder man muss solche Funktionäre aus solchen Leitungsposten ablösen.
So einfach ist das - eigentlich - wie auch beim Archivgang: Ganz und richtig - oder gar nicht und bleiben lassen!

(Kleiner höflicher Nachtrag: 
Deutsche Zeitungen titelten:  "Die Königin heisst wieder Schorkina"
Was geschähe mit einem Fussballjournalisten, der von "Bele", statt von Pele schwärmen würde - vorausgesetzt es sei kein Scheibfehler...? Oder ist es ein Schreibfehler, wenn man mit Konstanz von einer "Sch"orkina schreibt? Sie hätte es schon  verdient, dass man ihren Namen in Deutschland wenigstens richtig ausspricht. "SCH", das ist wie Schule ..., richtig wäre "Ch"orkina, mit einem "ch", wie in "Ach so...",  das wäre dann "Choroscho"!  Und wenn man sich nun überhaupt nicht darum schert, dann hört sich die - wie bei den selten gewordenen TV-Aussprachen kritiklos artikulierte englische Variante als  "Khorkina"  an - was aber klingt wie "Korkenzieher" und dass muss man dieser hübschen Moskauerin nun wahrlich nicht länger antun!) 

(E.Herholz/GYMmedia)

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16-05-2000
- ehe -