DER VORTURNER
(von Jupp SUTTNER, mit freundlicher Genehmigung kicker
sportmagazin, Ausg.84/99)
1759, kam Johann Christoph Friedrich Guts Muths
zur Welt - der Thüringer gilt als "Großvater" der Turnkunst. Und kann somit
als "Deutschlands Turner des 18. Jahrhunderts" bezeichnet werden. Vor 188
Jahren, 1811, richtete Friedrich Ludwig Jahn auf der Berliner Hasenheide
den ersten Freiluft-Turnplatz hierzulande ein - der Preuße gilt als "Vater" der
deutschen Turnbewegung. Und kann somit als "Deutschlands Turner des 19.
Jahrhunderts" bezeichnet werden.
1936 wurde Alfred Schwarzmann Olympiasieger im
Zwölfkampf und im Pferdsprung sowie mit der Mannschaft - der Franke kann somit als
erfolgreichster "Sohn" des deutschen Turnens bezeichnet werden. Und wurde
demgemäß - bei der kicker-Wahl (1999) - "Deutschlands Turner des 20. Jahrhunderts".
1972, holte Karin Janz bei den Olympischen Spielen in
München Gold am Stufenbarren und beim Pferdsprung sowie Silber im Mehrkampf und Bronze
auf dem Schwebebalken - die Sächsin kann somit als erfolgreichste "Tochter" des
(DDR-)deutschen Turnens bezeichnet werden. Sie landete bei der
kicker-Abstimmung an zweiter Stelle hinter Schwarzmann - und wurde damit
"Deutschlands Turnerin des
Jahrhunderts".
Keine Frage: Frisch, fromm, fröhlich, frei - war diese unsere
Wählerei. Denn sie gestaltete sich munter und abwechslungsreich wie kaum eine andere
dieser Serie. So landeten beispielsweise nur drei Namen auf den Wahlzetteln sämtlicher
Juroren - Maxi Gnauck, Klaus Köste und Eberhard Gienger.
Doch keiner dieser drei - schaffte den Sprung unter die ersten drei. Jene drei auf dem
Siegerehrungstreppchen - Schwarzmann, Janz und Andreas Wecker - wurden
dafür von jeweils einem Jury-Mitglied nicht einmal erwähnt! Doch die nüchterne
Punktauszählung sprach am Ende deutlich für sie.
Alfred
Schwarzmann aus Fürth, Jahrgang 1912, triumphierte als 24-jähriger
bei den olympischen Wettbewerben auf der Berliner Waldbühne, wo er neben besagten drei
Goldmedaillen auch noch Bronze am Reck und am Barren gewann. Als Oberleutnant zog er sich
im 2. Weltkrieg eine schwere Verletzung zu - und gewann dennoch bei den Olympischen
Spielen 1952
in Helsinki geteiltes Silber am Reck: als 40-Jähriger! "Diesen Erfolg", urteilte
er später, "stufe ich fast höher als jenen von 1936 ein..."
Der Schweizer Jack Günthard, der in Helsinki am Reck siegte: "Der Sieg hätte eigentlich Alfred
gebührt - aber er war eben Deutscher."
1952 legte Schwarzmann übrigens auch noch
bei Bundestrainer Sepp Herberger das Fußball-Trainer-Examen ab - Note "sehr
gut". Er wurde dann Sportlehrer in Niedersachsen - und führte 1965, im sechsten (!)
Lebensjahrzehnt, noch einmal eine deutsche Turn-Riege bei einem Länderkampf (gegen
Ägypten) an: als Anerkennung für seine Verdienste um den Wiederaufbau des Turnens nach
dem Kriege. Der journalistische Turn-"Papst" Dr. Josef Göhler über Schwarzmann:
"Er war stets eine in sich gefestigte Persönlichkeit, weit davon entfernt, mit seinen
sportlichen Erfolgen aufzutrumpfen oder gar Kapital aus ihnen zu schlagen".
Alfred
Schwarzmanns großes Hobby war: Angeln - nicht Medaillen, sondern Forellen.
>> ... siehe auch GYMmedia-News vom 26. August 2008:
"Alfred-Schwarzmann-Sporthalle, Goslar
Gleichfalls eine absolut gefestigte Persönlichkeit: Karin
Janz - ein Energie-Bündel von 1,56 Metern und 46 Kilo. Sie liebte den
Stufenbarren und grundsätzlich den Sport: "Er formt Mut und Ausdauer - was man
unbedingt will, kann man auch erreichen!" Diese Devise der DDR-Sportlerin des Jahres
1967 (mit 15 Jahren!) vertrat sie auch nach dem Ende der Turn-Karriere, die in München
ihren Schluss und Höhepunkt hatte. Sie studierte äußerst zielstrebig Medizin,
heißt
heute Dr. Karin Büttner-Janz und ist Chefärztin der Orthopädie an der Akademischen
Lehranstalt der Berliner Charité. In die Turngeschichte ging sie dank des von ihr
erfundenen "Janz-Saltos" ein - in der Medizin erfand sie eine künstliche
Bandscheibe: die Kreation trägt ihren Namen. Herzlichen Glückwunsch! - auch hierzu.
Jupp Suttner
( - mit freundlicher Genehmigung kicker sportmagazin, Ausg.84/99) |