Von woher bist Du mit
Deiner Frau hierher an den Potsdamer Platz in die neue Mitte Berlins zum Festakt gekommen?R.Brückner: Wir haben ganz in
der Nähe bei Bekannten übernachtet. Jetzt lebe ich mit meiner Familie in Süßen bei
Ulm, im Schwabenland. Die Stadt hat ca. 10.000 Einwohner, dort bin ich Trainer beim TSV,
betreue 120 Turner und Turnerinnen zwischen 5 und 30 Jahren - vom allgemeinen Kinderturnen
bis zum Kunstturnen. Der Verein selbst hat 1.500 Mitglieder, diese tragen meine
hauptamtliche Tätigkeit.
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Brückner: Weltmeister '79
- Fort Worth (USA) -
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Fragen Dich ab und zu
die Älteren oder die Jüngeren, ob Du früher auch geturnt hast?R.Brückner: Die Zeiten sind
dafür schon weit ins Land gegangen. Viele der Kinder sind erst geboren worden, als ich
schon dort war. Sie haben mich selbst nie turnen gesehen und im Fernsehen zeigt man meine
Übungen nicht mehr. Das ist im Fußball anders. Durch Eberhard Gienger, der aus dieser
Region kommt, wissen die Leute aber schon, was ich geleistet habe. Dort ist das Turnen
seit eh und je verwurzelt. |
Stichwort Gienger. War
der 74er Reck-Weltmeister und zwischen 1972 und 1976 fünfmalige BRD-Meister im Mehrkampf
in ununterbrochener Folge (zudem 1978 und 1979) daran beteiligt, daß Du ins Schwabenland
gezogen bist?
R.Brückner: Nein,
nein, das war ein ganz anderer Zufall.. Das hängt mit meiner Frau zusammen, die dort eine
Bekannte hatte. So hatte sich alles ergeben. Es war reiner Zufall und keine Abwerbung.
Viele Leute in
Berlin sagen, daß sehr gute Leute wie Maxi Gnauck, Angelika Hellmann und eben auch Roland
Brückner aus der Hochburg Berlin in den Wirren nach dem Mauerfall weggegangen sind, die
heute dem Frauenturnen in der Stadt sehr fehlen?
R.Brückner: Na
gut, wenn das andere so einschätzen, dann ja.
Hast Du gern als
Frauentrainer in Berlin gearbeitet?
R.Brückner: Ach,
das hat Spaß gemacht, weil es in unserem Team damals gut funktioniert hat. Das war bei
uns gegeben.
Welcher Deiner
sechs DDR-Mehrkampfsiege in Folge war Dir der interessanteste?
R.Brückner:
Es war mein dritter 1978 in Jena. Ich hatte nach einem Sturz keine Aussichten mehr zu
gewinnen. Ich habe mich dann, ich sage es mal so, durchgeschlichen und durchgekämpft. Am
Schluß hat es wieder mal gereicht. Es war eine harte Sache damals, aber um so
nachhaltiger ist er mir in der Erinnerung geblieben.
Und was Deinen Olympiasieg 1980 in Moskau anbetrifft, war es eine perfekte Übung
am Boden....? ....oder hast Du Dich danach als Olympiasieger zweiter Klasse gefühlt, weil
andere nicht dasein durften, auch ein Eberhard Gienger nicht?
R.Brückner: Keinesfalls.
Ich bin ja vorher, 1979, Weltmeister geworden. Und im Nachhinein, ein paar Monate nach
Moskau war Weltcup und dort habe ich auch den Boden gewonnen - und auch noch am
Pauschenpferd und im Pferdsprung. Den Olympiasieg hatte ich damit wohl untermauert.
Wann hast
Du Deine letzte Wettkampfübung am Boden geturnt?
R.Brückner: Das
war 1984 in Olomouc. Und dort habe ich auch noch einmal gewonnen. Es waren für uns ja in
"Los Olomouc" die Gegenspiele zu Los Angeles oder wie man anders dazu sagte.
Mit welchen Gefühlen hast Du damals dort geturnt?
R.Brückner: Die
letzte Übung war eine 9,9, aber ich habe in diesem Wettkampf auch noch eine glatte 10
bekommen. Das war eine für mich befriedigende Sache, wenn man mit einem Erfolg aufhören
kann. Das ist ja auch den wenigsten vergönnt, die auch sehr erfolgreich sind und nach dem
Erfolg weitermachen. Sie haben am Ende ihrer Laufbahn oftmals schwierige Situationen.
Weißt Du noch, wer 1984 Olympiasieger im Bodenturnen wurde?
R.Brückner: Ein
Chinese...Li, Ning.
Welche Beziehungen zum
Hochleistungsturnen hast Du heute noch?
R.Brückner: Ich
verfolge alles noch sehr emotional,..... auch die letzten Weltmeisterschaften. Es berührt
mich alles noch unmittelbar. Man fiebert, man hofft.
Du bist beim
Freyburger Jahn-Turnen 1999 ins Jahn-Kostüm geschlüpft. Wann schlüpfst Du wieder mal da
hinein?R.Brückner:
Das weiß ich jetzt nicht, das hängt mit unmittelbaren Situationen
zusammen, die von den Veramstaltern vorbereitet werden. In diesem Jahr 2000 wird es wohl
nicht gehen, weil wir zum gleichen Zeitpunkt im Urlaub sind.
Wenn Du nicht ein
Jünger Jahns geworden wärst, welche andere Sportart hättest Du gewählt, wenn Du zum
Beispiel in einem bayrischen oder thüringischen Dorf aufgewachsen wärst?
R.Brückner: Es
läßt sich immer schnell sagen, man entwickelt sich so und so. Die Sportarten haben sich
mittlerweilen geändert. Früher wurden in den DDR-Medien die olympischen Sportarten sehr
in den Vordergrund gerückt. Heute werden die professionellen Sportarten wie Fußball und
Tennis fast ausschließlich dargestellt.
Welche Sportarten treibt
den Roland Brückner heute noch?
R.Brückner: Ich
selber jogge, meine Frau fährt Rad. |
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Brückner '99 im Jahn-Kostüm
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Wieviele Kinder hat die
Familie Brückner?
R.Brückner: Zwei,
unsere Tochter ist 22 und so gut wie nicht mehr im Haus. Unser Sohn ist jetzt im letzten
Jahr zum Abitur.
Also Großeltern seid ihr noch nicht?
R.Brückner: Oh,
nein!
Vielen Dank für
das Gespräch und alles Gute für Sie und Ihre Familie!
(Das Gespräch für am Rande der
Festveranstaltung "50 Jahre Berliner Turnerbund" führte unser Mitarbeiter
Hans-Jürgen Zeume. Berlin, den 09.01.2000 ) |