2. Tag
(Sonntag) in Stuttgart: |
Boden: Der Weltmeister Alexei Nemow verteidigte
seinen Vorjahrssieg erfolgreich und gewann seit seiner ersten Teilnahme 1995 nun zum 7.
Mal in Suttgart, und rückt damit in der Turnierbilanz dem Spitzentrio
Belenki/Wecker/Scherbo (je 9 Stuttgarter Siege) immer näher. Der beste lettische Turner, Igor
Wichrow, der im Oktober im WM-Mehrkampffinale (34.) stand, verbuchte einen
grossen Erfolg mit seinem ersten Einzug in ein Weltcup-Winnersfinal - sicher auch zur
Freude seiner Teamkollegen des KTV Chemnitz, mit denen er am kommenden Samstag im
Bundesligateam gegen den SV Halle antritt.Peter Nikiferow (GER) blieb als
erstem Turner in der Startreihenfolge des letzten Wettkampftages nur der 7.Platz: Die
Angangsreihe ging ins Aus, Trainer Lutz Landgraf zollte ihm aber
durchaus Respekt, denn der Berliner bot wieder einen 10er-Ausgangswert an, auf den er
mannschaftsdienlich zur WM im Oktober verzichtet hatte.
Resultate
Boden/Results Floor
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Weltmeister Lee beim "Tippelt"
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Barren: Auch hier unterstreicht
der Sieg des aktuellen Weltmeisters Lee, Joo-Hyung (KOR) die Superbesetzung dieses Stuttgarter
Wettkampfereignisses: Wunderschön war seine Verbindung Healy-Quirl und sofortiger
Doppelsalto vorwärts, gebückt auf die Oberarme, gefolgt von
Rückschwung-Übergrätschen. Auch sein Kontrahent Mitja Petkovsek (SLO)
beeindruckte mit "Tippelt" in die Barrenmitte und einem sehr hohen Salto
gegrätscht zum Stütz, machte allerdings nach seinem Abgang Doppelsalto gebückt einen
Schritt nach vorn und wurde Zweiter. Solcherart kleine Standunsicherheiten führten auch
bei Andreas Wecker nur zum 6. Platz, der aber danach noch einen Auftritt
am Schlussgerät hatte:
Resultate Barren /
Results Bars
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Wecker: Beim Ansatz zum 2. Kovacs-Salto
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Reck: Andreas Wecker holte sich seit seinem ersten Erfolg
beim DTB-Pokal 1991 nunmehr den 9. Sieg und steht - gemeinsam mit Waleri Belenki an der
Spitze der ewigen DTB-Pokal-Siegerliste. Am Reck gewann er nach 1995 und 1996 nun zum
dritten Mal - wenn auch begünstigt vom Pech des Kontrahenten Aljaz Pegan,
der mit 9,75 zuvor mit nur 0,025 Punkte weniger auch das Winnersfinal erreichte, dann
allerdings stürzte. Der erste Sieg für Wecker nach seinem Comeback bei insgesamt
steigender Tendenz - zumindest was die Ranglisten-Bilanzen angeht. Im Finale zuvor war der
schärfste Konkurrent der beiden, Alexander Beresch beim Kovacs-Salto
unfreiwillig gelandet und konnte seinen Vorjahrssieg somit nicht verteidigen. |
Wecker: Siegerlächeln
Resultate Reck /
Results High bars
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Am Schwebebalken
gab es erneut ein spannendes weil fast gleichwertiges Duell zwischen Victoria
Karpenko (UKR) und Swetlana Chorkina. Die Ukrainerin turnte ohne
Fehl und Tadel: Salto gebückt, als Angang, Dreier-Kombination Flic-Spreiz-Flic, schön
die Verbindung Salto-vorwärts-Hock-Spreiz-Sprung ("Pistole") und die Verbindung
Flick-Flack-Durchspreizen. Auch der Abgang - Doppelsalto rw. gehockt war traumhaft hoch,
und endete im sicheren Stand. Swetlana Chorkina (RUS) zeigte ihr WM-Programm mit schönem
Rondatangang, Flick-Flack mit ganzer Drehung, hatte dann aber eine winzige Unsicherheit
bei einer ganzen Drehung und obwohl sie die allerdings ziemlich clever kaschierte -
musste sie den Sieg ihrer Kontrahentin neidlos anerkennen. Bemerkenswert war auch der
dritte Platz der Australierin Trudy McIntosh aus Geelong (AUS), die ihre
Übung aus dem Rondat heraus mit einem wunderschönen Doppelsalto gebückt sicher und
gestreckt landete.
Resultate Schwebebalken
/ Results Beam
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Victoria Karpenko (UKR): Balkensiegerin
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Zamolodschikowa:
"Ich trainiere Jurtschenko Dreifach-Schraube"
Resultate Sprung /
Results Vault
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Weltsensation in Arbeit:
Sprung: Im
GYMmedia-Interview mit unserer Mitarbeiterin Nora Schuler kündigte Weltmeisterin Jelena
Zamolodschikowa nach ihrem Sieg am Sprunggerät in Stuttgart an, dass sie an
einer Sprungsensation arbeite: "Ich trainiere bereits sehr erfolgreich den "Jurtschenko"
mit dreifacher Schraube und will ihn im nächsten Jahr auf dem Wege nach Sydney
der Weltöffentlichkeit vorstellen!" Doch auch schon hier in Stuttgart wurde das
Sprunggerät der Frauen eindeutig von den Russinnen dominiert. Jelena
Zamolodschikowa zeigte im Finale einen Tsukahara (AW 10,0) und einen Jurtschenko (AW 9,9)
beide mit Doppelschraube. Mit diesem seltenen 10er-Sprung war sie auch im Winnersfinal
nicht zu schlagen. Noch spektakulärer jedoch sprang ihre Teamkollegin Jelena
Produnowa, die aus 3 Sprunggruppen wählen kann: Im Finale zeigte sie einen
Jurtschenko-1 1/2-Längenachsendrehung (AW 9,8) und einen Tsukahara 1 1/2-Drehung, im
Winnersfinal dann, präsentierte sie ihren Überschlag-Doppelsalto vorwärts (AW 10,0),
der selbst noch bei den Männern als "Roche" für staunende Aufmerksamkeit
sorgt. In diesem insgesamt hochklassigen Finale überzeugte erneut die Australierin Trudy
McIntosh mit dem nach ihr benannten Überschlag-Salto vw. gestreckt mit ganzer
Schraube. Katrin Kewitz (Berlin) landete ihren "Phelps" auf
ihren "vier Buchstaben" und Katja Dreyer (Greven) brachte ihren
einfachen Überschlag mit Doppelschraube (AW 9,6) erst nach einigen Schritten in den
Stand. |
Am 1.
Tag: Doppelter Hattrick für Chorkina... |
Königin Chorkina
Sowohl am Stufenbarren
als auch am Boden hatte die russische Grazie bei diesem Stuttgarter Turnier bereits die
letzten beiden Jahre dominiert. Obwohl Swetlana ein wenig müde bei ihrem allerletzten
Wettkampf der Saison wirkte, powerte sie noch einmal leidenschaftlich an ihrem
Spezialgerät. Es ist ein wirklicher ästhetischer Traum, wie sie ihren schlanken Körper
dynamisch zwischen den Holmen bewegt. Die Ukrainerin Victoria Karpenko
kam ihr im Finale auf 25 Tausendstel nahe, im Winnersfinal waren es 0,05 Punkte
Unterschied zur Siegerin Chorkina. In der Pressekonferenz in der Stuttgarter
Hanns-Martin-Schleyer-Halle hielt sie sich immer noch bedeckt, ob sie ihre Karriere
fortsetzt oder nicht. Nach diesem letzten Wettkampf jedenfalls kommen noch ein paar Shows
und in das Jahr 2000 denkt sie zunächst nur bis in den Januar.
Resultate Stufenbarren
/ Results Uneven bars
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"Da freue ich mich
auf interessante Show-Auftritte in Frankreich, aber über eine leistungssportliche Zukunft
entscheide ich wirklich erst am 31. Dezember, bis dahin brauch ich ein wenig Abstand zu
allem". Dagmar Fehrenschild (GER) wurde mit 9,225 Siebente am
Stufenbarren. |
Lisa Brüggemann (GER): Happy!
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Am Boden dann tanzte sich Swetlana Chorkina
wieder an die Spitze, musste aber sowohl im Finale, als auch im Winnersfinal die
Gleichwertigkeit von Victoria Karpenko anerkennen, die mit ihr auf Rang 1
ebenfalls in den Genuss der höchsten Preisgeldsumme von 3.900 DM kam.
Ob dann die 9,675 tatsächlich internationalem Wertungsansprüchen stand halten, sei
dahingestellt, jedenfalls freute sich die zierliche Kölnerin Lisa Brüggemann
sehr über ihren dritten Platz, immerhin vor dem Weltstar Jelena Produnowa (Fehler)
und der kleinen ukrainischen Zukunftshoffnung Tatjana Yarosh. Die
vollbesetzten Ränge jedenfalls quittierten es mit tosendem Applaus. Sehenswerte
Choreographien gab es von den Spanierinnen Sara Moro und Laura
Martinez zu sehen, die das Publikum mit ihren Versionen vom Maccarena
und La Cucaracha begeisterten.
Resultate Boden /
Results Floor
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Tagessiege für die
Spezialisten bei den Männern
Am Pauschenpferd patzte zunächst Andreas
Wecker: Bei der Schwabenflanke vergriff er sich, kam aus dem Tritt und drehte
seine Übung regelementswidrig am Pferdende im Sitz weiter....
Weltmeister Alexei Nemow (RUS) kam völlig aus dem Konzept und stieg gar
zweimal ab. Der WM-Fünfte im Mehrkampf Alexander Beresch (UKR) ist auch
ein excellenter Techniker im Stütz. Mit rasantem Tempo und absolut gestreckter
Körperhaltung ist sein Magyarwandern rückwärts bei höchster Amplitude einfach ein
Genuss. Trotzdem reichte es nur zu Platz drei - bevor Nemow sich dann - wie beschrieben -
im Winnersfinal verturnte. Somit war der Weg frei für den Zauberer am
Pauschenpferd, den Rumänen Marius Urzica,
der zweimal mit 9,850 bewertet, diesmal von keinem zu schlagen war. Erneut in einem
hochrangigen Finale hier in Stuttgarte war mit Runar Alexandersson ein
Isländer, der allerdings - mit russischer Abstammung - sein Turn-ABC in seiner alten
Heimat erlernt hatte.
Resultate
Pauschenpferd / Results Pommel horse
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Marius Urzica (ROM):
Zauberer am Pauschenpferd
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Szilveszter Csollany (HUN):
Ringe-Spezialist mit Puszta-Power
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Auch
an den Ringen dominierten die Spezialisten.
Silveszter Csollany (HUN) war in Supertagesform auch nicht von Jordan
Jowtschew (BUL) zu bezwingen: Die souveränsten Krafthalten, die schönsten
Übergänge zu der Dynamik der grossen Schwünge und ein Doppelsalto gestreckt zum
sicheren Stand: Sieg, wie schon vor einem Jahr an gleicher Stelle,
Belenki: TV-Interview
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damals vor dem Stuttgarter Waleri
Belenki, der diesmal - trotz Startversuchs in der Qualifikation -
verletzungsbedingt die Segeln streichen musste und das in vielen Interviews zu erklären
hatte.
Altmeister Marius Toba, der an diesem Gerät 1995 gewonnen hatte, belegte
am Ende Rang 7. |
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Am Sprunggerät gewann nun schon zum zweiten Mal in
den letzten 3 Wochen (nach Glasgow) der sprunggewaltige Spanier Gervasio Deferr
- Vize-Weltmeister am Boden - vor dem Mehrkampf-Weltmeister Nikolai Krukov
(RUS) der mit diesem Platz 2 als seiner besten Platzierung hier in Stuttgart ohne Sieg
blieb (4. Pauschenpferd/7.Reck).
Deutschland verfügt im Moment über keinen Turner, der an diesem Gerät unter
Finalbedingungen zwei gleichwertige Sprünge anzubieten hat und verzichtete sogar auf die
mögliche Wildcardchance. |
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Fazit: Dieser 17.DTB-Pokal - Grand
Prix-Wettbewerbe im Range eines Weltcups - war sportlich ein hochklassiger Turnwettbewerb,
mit dem vorolympischen Wettkampfjahr ausklang und auch eine Gala des Weltturnsports,
erneut beeindruckend inszeniert und für über 17.000 Zuschauer wirkungsvoll in Szene
gesetzt von den Stuttgarter Turnprofis um ihren Chef Robert Baur.
Fortsetzung folgt:
Die Weltcup-Serie 1999/2000 findet im Frühjahr ihre Fortsetzung mit diesen
Terminen:
- Grand Prix Glasgow (10.-12.März), Montreux (18.-19.März),
-Grand Prix Cottbus (24.-26.März) und das Weltcup-Finale nach den Olympischen
Spiele -
in Glasgow vom 8.-10.12. 2000. |
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