26.09.2000 / 27.09.2000

Stimmen und Veröffentlichungen zum Dopingfall Andreea Raducan 

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Beste Turnerin der Welt verlor Gold

ARD Sydney 2000

Sydney (dpa) - Ein falsches Rezept hat die beste Turnerin der Welt die olympische Goldmedaille gekostet. Die 16-jährige Rumänin Andrea Raducan ist durch die Fahrlässigkeit ihres Mannschaftsarztes unverschuldet zur Doping-Sünderin und unglücklichsten Athletin der Sydney-Spiele geworden.

Vor ihrem Olympiasieg im Vierkampf-Finale am vergangenen Donnerstag hatte sie wegen einer Erkältung Tabletten verschrieben bekommen, die das verbotene Stimulanzmittel Pseudo- Ephedrin enthielt. »Es tut uns leid für das Mädchen. Wir haben uns deshalb die Entscheidung nicht leicht gemacht«, sagte Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am Dienstag.

Die Schülerin aus der rumänischen Medaillenschmiede Deva kämpft allerdings vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Sydney um ihren Ruf. »Ich bin informiert worden, dass die Rumänen das CAS angerufen haben«, bestätigte Hans-Jürgen Zacharias, deutscher Vizepräsident des Turn-Weltverbandes (FIG). Der Sportgerichtshof will an diesem Mittwoch entscheiden, ob es den Fall annimmt. Über die juristischen Erfolgschancen sagte der Funktionär aus Kleve: »Die Dosis des Dopingmittels war wohl gering, doch die Regeln sind klar.« Das Reglement der FIG verbietet das Stimulanzmittel nicht. Allerdings hat der Weltverband den Medical Code des IOC anerkannt, in dem das Amphetamin verboten ist. »Der Fall ist nach den IOC- Regeln eindeutig. Wenn eine verbotene Substanz in einem Körper entdeckt wird, ist es ein Doping-Fall«, meinte IOC-Generaldirektor Francois Carrard.

Das IOC-Exekutivkomitee hat nach Angaben von Bach das Gold trotz allen Mitgefühls aberkennen müssen, um die sauberen Athleten zu schützen. Die Untersuchung in diesem Fall hatte ergeben, »dass die Schuld eindeutig beim Arzt« liegt. Aus diesem Grund erkannte das IOC auf mildernde Umstände und sah von einer Disqualifikation der zweifachen Weltmeisterin ab. Sie durfte deshalb ihre Mannschafts- Goldmedaille sowie die Silberne aus dem Sprung-Wettbewerb behalten, zumal sie nach diesen beiden Starts bei Doping-Tests negativ gewesen war. Der rumänische Olympia-Arzt Ioachim Oana wurde vom IOC mit dem Ausschluss von diesen und den Olympischen Spielen 2002 und 2004 bestraft.

In Schutz nahm auch der Präsident des rumänischen Nationalen Olympischen Komitees (NOK), Ion Tiriac, die 1,48 m kleine und 37 kg leichte Athletin. »Wir glauben, dass der Fall komplett irrelevant ist«, sagte der Ex-Manager von Boris Becker, »diese Medizin fördert das Leistungsvermögen nicht, sondern reduziert es eher.« Dass Andrea Raducan so zierlich sei, könne außerdem zum positiven Testergebnis beigetragen haben. Im Urin der Turnerin war ein überhöhter Wert von 25 Nanogramm pro Milliliter Pseudo-Ephedrin analysiert worden.

Andrea Raducan hatte den olympischen Vierkampf vor ihren Teamkolleginnen Simona Amanar und Maria Olaru gewonnen, die nun auf die Gold- und Silberränge vorrücken. Neue Bronzemedaillengewinnerin ist die zuvor viertplatzierte Xuan Liu (China).

Im Turnen ist es der erste Doping-Fall in der Geschichte der Olympischen Spiele. Andrea Raducan musste in Sydney als zweite Athletin Gold wegen Medikamentenmissbrauchs zurück geben. Zuvor war der bulgarischen Gewichtheberin Isabela Dragnewa der Olympiasieg aberkannt worden. Silber und Bronze verloren ihre Heber-Team- Mitglieder Iwan Iwanow und Sewdalin Minchew. Das Trio hatte entwässernde Diuretika-Mittel eingenommen. Insgesamt war es der sechste Doping-Fall der Sydney-Spiele.

 

Rumäniens Politiker protestieren gegen Dopingstrafe

ARD Sydney 2000, dpa, 27.09.2000

Die rumänische Regierung und Opposition haben am Mittwoch gegen die Aberkennung der Olympia-Goldmedaille für die Turnerin Andrea Raducan wegen Dopings protestiert, meldete der rumänische Rundfunk. Eine endgültige Entscheidung darüber wird am Donnerstag in Sydney seitens des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) erwartet.

In Rumänien herrscht Wahlkampf mit Blick auf die Mitte November bevorstehenden Parlaments- und Präsidentenwahlen.

Die stärkste Oppositionspartei, die ex-kommunistische PDSR, schrieb einen Protestbrief an das Parlament des Europarats in Straßburg. Sportminister Crin Antonescu von der mitregierenden Nationalliberalen Partei sagte, dies zeige, dass alle Rumänen auf der Seite von Andrea Raducan stehen.

Der parteilose Ministerpräsident Mugur Isarescu, der mit Unterstützung der Christdemokraten für das Präsidentenamt kandidiert, beschloss, die Sportlerin aus seiner persönlichen Budget-Reserve mit 30 000 US-Dollar zu belohnen, falls sie ihre Medaille nicht wiederbekommt.

 

Rumäniens NOK: Doping-Strafe rechtmäßig aber inhuman

Der Vizepräsident des rumänischen Nationalen Olympischen Komitees (NOK), Cristian Gatu, hat die Aberkennung der Goldmedaille für die Turnerin Andrea Raducan am Dienstag als «rechtmäßig aber unmenschlich» bezeichnet. Das meldete die amtliche rumänische Nachrichtenagentur Rompres.

Raducan hatte ihre Mehrkampf- Goldmedaille zurückgeben müssen, weil sie positiv auf Doping getestet wurde. Gatu verurteilte die Gleichgültigkeit derjenigen, die auf den Inhalt der Medikamente hätten achten müssen, die der Tunerin verabreicht wurden. In der südrumänischen Stadt Craiova demonstrierten am Dienstag mit einer Straßenkundgebung hunderte Schüler gegen die Bestrafung der Sportlerin und riefen: «Wir wollen die Medaille wieder».

Bei Raducan hatten die Doping-Kontrolleure in Sydney den Stoff Pseudo-Ephedrin in unerlaubt hoher Konzentration nachgewiesen. Raducan und der rumänische NOK-Präsident Ion Tiriac wollten die Sanktion des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am Mittwoch vor dem Internationalen Sportgerichtshof anfechten.

Raducan hatte, wie ihre Teamkolleginnen auch, ein pseudo- ephedrinhaltiges Mittel gegen Erkältung geschluckt. Anders als bei ihren Kolleginnen war bei ihr daraufhin die Konzentration dieses Stoffes unerlaubt hoch. Als Grund dafür gab das rumänische NOK Raducans geringeres Körpergewicht an.


Amanar poised to reject gold medal

AFP, September 26

ROMANIA'S SIMONA AMANAR, who won the gymnastics all-round silver medal at the Sydney Olympics, has refused to accept the gold medal after her compatriot Andreea Raducan was stripped of her title, her mother Cristina told a television channel today.

"As far as I know, Simona will not accept this medal," she said.

Speaking on the same program, Raducan's father put the blame on what he said were the coaches and team doctors who failed to do their homework.

Raducan was disqualified and lost her medal earlier today after testing positive for use of the banned stimulant pseudo-ephedrine. "Regardless of how this issue develops, I am happy that the gold medal will come back to Romania," added Mr. Raducan.

TEAM DOCTOR Ioachim Oana took responsiblity for the postive test: "10 minutes before the competition, Andreea was suffering from a cold and I decided to give her a nurofen tablet without thinking of the consequences," said Oana who has been thrown out of the Games.

The Court of Arbitration for Sport today issued a statement saying that Raducan planned to appeal against the decision. The sports tribunal will hold a special three-member hearing at its Sydney office tomorrow, the body said.

Meanwhile, the Romanian Olympic Committee (COR) vice-president Cristian Gatu has revealed that a collection fund had been set up for Raducan.

"The lethargic attitude of those parties involved in the verification of banned substances by gymnasts have tarnished the efforts of a young girl and the entire Olympic family," Gatu said in a press release. "I call upon all those people who love the sport to join our COR foundation in order to compensate this athlete's financial losses that were stolen from her," he added.

Romania's Sports minister had promised $15,000 to each athlete that won gold, but Raducan's positive test had deprived her of this reward.

 

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