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Der neue
Turner-Präsident Rainer Brechtken und Vizepräsident Eduard Friedrich fordern
einschneidende Veränderungen
Richthofen: "Mächtiges
Crescendo..."
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Eine Zeit lang schien es, als
sollte die Mahnung ungehört verhallen. "Sie müssen einen langen Atem haben",
rief Manfred von Richthofen, der Präsident des Deutschen Sportbundes, den Abgeordneten
des Turntages 2000 zu: "Sie müssen Akzente setzen, wenn Sie Spitzensport
wollen." Dann, so versprach der oberste Sportfunktionär der Republik dem Plenum,
"finden Sie nicht 2004, aber 2008 den Anschluss".
Eine lange ruhmlose Zeit sieht der DSB-Chef für den Deutschen Turner-Bund
(DTB) voraus. |
Das klang bei der feierlichen Eröffnung des
Delegiertentreffens im Mendelssohn-Saal des Leipziger Gewandhauses ein wenig
disharmonisch. Denn Richthofens mächtiges Crescendo blieb unerreicht. Es stand im
Kontrast zum Pianissimo, das Jürgen Dieckert, der scheidende Präsident des Deutschen
Turner-Bundes (DTB), wählte. Dieckerts Traum ist eine Bürgergesellschaft, in der der
DTB Position bezieht. Spitzensport kommt in diesem Konzept gesellschaftlicher
Verantwortung, bei dem sich "Olympioniken und die Koronargruppe" die Hände
reichen, nur am Rande vor.
Den Delegierten, die in Leipzig 4,7 Millionen DTB-Mitglieder vertraten, ist diese Sicht
der Dinge so fremd nicht. Jedenfalls ließen sie den Bericht zum Abschneiden des deutschen
Olympia-Teams im Kunstturnen, Trampolin und in der Gymnastik passieren.
Nur zwei der 402 Abgeordneten fragten am Sonnabend bei der Arbeitstagung in
einem Leipziger Hotel kritisch nach. Das war noch nicht die Streitkultur, die der
neue Präsident Rainer Brechtken, Parlamentarischer Geschäftsführer der
SPD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, für die Zukunft fordert.
Dass dem DTB, zumindest den Athleten, Diskussionen bevorstehen, darf jedoch als sicher
gelten nach der Wahl von Eduard Friedrich
zum Vizepräsidenten für das Ressort Olympischer Spitzensport. "Bedrohlich"
sei das Abschneiden in Sydney gewesen, knurrte Friedrich, 62, ins Mikrofon, was
das Plenum aus der gemütlichen Gelassenheit riss, mit dem es seinem Abstimmungsmarathon
nachging.
Friedrich, Leiter des Olympiastützpunkts Rostock, forderte vor allem von den
Kunstturnern, "die Trainingsumfänge dramatisch zu erhöhen". Verhätschelung
werde es mit ihm nicht mehr geben, sagte Friedrich und erinnerte selbst daran, dass er
früher, als er noch Cheftrainer der westdeutschen Turner, DTB-Sportdirektor und Direktor
des Bundesausschusses Leistungssport war, der "Schleifer-Eddie" hieß - zu
Unrecht übrigens, wie er findet. Sein Rat an die Trainer ließ an Deutlichkeit allerdings
nichts zu wünschen übrig: "Trainer müssten ihr Programm hart durchziehen können
und brauchen dafür Rückendeckung", sagte Friedrich und versprach: "Meine
werden sie immer haben." Als disziplinarisches Vorbild für die Turner, Zehnte bei
Olympia, gilt bis auf weiteres die Gymnastinnen- Gruppe, die zentral in Wattenscheid
trainierte und in Sydney Platz vier belegte.
Foren und
Eliteschulen |
An Trainingssteigerung als Ausweg aus der Misere
glaubt auch der neue DTB-Chef Brechtken. |
Brechtken: "Will
Köpfe rauchen sehen..."
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Allerdings weiß Brechtken, dass dies im
zeitintensiven Kunstturnen nur mit einer Änderung der Rahmenbedingungen
zu erreichen ist. Jedem Olympiastützpunkt im Lande, so fordert Brechtken, müsste eine
Eliteschule angegliedert sein. Finanzielle Grundförderung sei, etwa durch die Länder,
langfristig zu planen. Vor allem will Brechtken eine breite Diskussion in jenen
Fachverbänden des Spitzensports, bei denen sich die Probleme gleichen - eine Art Forum
für Schwimmer, Leichtathleten und Kunstturner. Im Leistungssport harrt Arbeit auf den
neuen Präsidenten.
Bis 2004 dürfte Brechtken damit ausgelastet sein - bei langem Atem auch bis 2008.
(Source: B.Klimke/Berliner Zeitung; Hervorhebungen: gymmedia; Fotos:
Volker Minkus) |
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