Bei anderen gelesen

29-Sep-2000

OLYMPICforum

Der Sport muss professioneller geführt werden
(Schily / Troeger / Bartko / van Almsick)

Deutschlands Abschied als Olympia-Supermacht
(Sportpolitik I bei Halbzeit der Spiele)

Die Spiele in Sydney gehen dem Ende entgegen, die Diskussionen um die magere Medaillenbilanz der deutschen Mannschaft nehmen zu. Die Debatte um Ursachenforschung und mögliche neue Wege kommt langsam in Schwung...                     ( ... siehe auch unter GYMforum)
"Kopfstand und Katzenjammer" - 
Diskussionsforum bei GYMmedia über die Zukunft des deutschen Kunstturnens 
Schily fordert «Neuanfang» im Spitzensport

Einen Tag vor seiner Ankunft in Sydney zum Besuch der Olympischen Spiele hat Bundesinnenminister Otto Schily einen «Neuanfang» im deutschen Spitzensport gefordert.
In einem Beitrag für die «Bild-Zeitung» schreibt der SPD-Politiker: «Deutschlands Rang beim Medaillenspiegel entspricht gewiss nicht unseren Erwartungen.» Die 200 Millionen Mark Förderung für den Spitzensport müssten künftig «viel genauer eingesetzt werden».
Die Bundesregierung werde gemeinsam mit den Sportverbänden die Förderstruktur überprüfen, sagte der Innenminister. «Von der Nachwuchsförderung bis zu den Leistungszentren - wir brauchen einen Neuanfang.» Schily wird am Samstag in Sydney eintreffen, am Sonntag an der Schlussfeier der Spiele teilnehmen und bereits am Montag zurückfliegen
.
ARD Sydney 2000,  29.09. (dpa)
Tröger fordert Konsequenzen bei Verbänden

Der deutsche Sport muss nach Ansicht von Walther Tröger professioneller geführt werden. Der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) mahnte nach dem unbefriedigenden Abschneiden der deutschen Olympia-Mannschaft am Freitag in Sydney strukturelle und personelle Konsequenzen an.

«Verbände werden ehrenamtlich geführt, mit hauptamtlichen Achsen. Da ist alles etwas dem Zufall überlassen», kritisierte er bei einer Pressekonferenz der deutschen Teamführung und fügte an: «In einer Reihe von Verbänden gibt es personelle Schwächen.» Tröger machte auch die zunehmende Einflussnahme von Managern auf Athleten für die deutsche Olympia-Bilanz in Sydney mitverantwortlich.

«Wir haben in der Breite der Spitze eine Fülle erreicht, aber in der absoluten Spitze sind die Erwartungen nicht erfüllt worden», zog Tröger im «Funktionärs-Deutsch» bereits vor dem Schluss- Wochenende ein Olympia-Fazit. Zufrieden sei er über die Anzahl der Finalplätze, denen leider vergleichsweise wenige Siege gegenüber stünden. Rolf Ebeling, Leistungsplaner im Deutschen Sportbund (DSB), begründete die Medaillenflaute im Vergleich zu den Atlanta- Spielen vor vier Jahren mit einem Einbruch in den meisten Kernsportarten. «In vier der fünf medaillenträchtigsten Sportarten waren wir relativ schwach», sagte er. Dies trifft für die Schwimmer, Leichtathleten, Turner und Schützen zu, lediglich die Radfahrer lagen über den Erwartungen.

Mit dem Problem der geringeren Ausbeute von Edelmetall befinden sich die Deutschen als Dritter von Atlanta in guter Gesellschaft. «Die USA, Russland und Deutschland haben am meisten eingebüßt. Es gibt einen Trend, dass die Großen abgeben müssen», analysierte Ebeling. 43 Nationen - zehn mehr als in Atlanta - haben bereits eine Goldmedaille gewonnen, insgesamt 75 Länder holten sich mindestens eine Plakette. «Viele Nationen konzentrieren sich auf einzelne Sportarten», sagte Ebeling und verwies auf die US- Schwimmer, die allein 33 Medaillen holten.

Auch im deutschen Sport wird es nach Trögers Ansicht immer schwieriger, die Sportarten-Vielfalt in der Unterstützung zu bedenken und gleichzeitig die Spitze verstärkt zu fördern. Weil die staatlichen Mittel immer knapper werden, Wollen sich der Bereich Leistungssport (BL) des DSB und die Deutsche Sporthilfe auf die Optimalförderung konzentrieren. «Dies ist eine zweischneidige Angelegenheit, da Athleten, Trainer und Verbände immer stärker bei ihrer Leistung darauf schauen, ob es noch für die Förderung reicht», meinte Tröger.

«Wir haben es verstanden, als geschlossene und starke Mannschaft aufzutreten. Es war sehr harmonisch», resümierte der Chef de Mission, Klaus Steinbach. Es seien zwar nicht alle Erwartungen erfüllt worden, aber niemandem könne man mangelnden Einsatz vorwerfen. «Wir hatten 428 Athleten und 278 Betreuer in Sydney - darunter war kein Tourist», wies Steinbach entsprechende Vorwürfe zurück.

Für Unruhe im deutschen Team sorgten nach Ansicht der Mannschaftsleitung nicht die eigene Erfolglosigkeit als mehr äußere Einflüsse. Steinbach beklagte die «diffamierende Kritik» einzelner Medien, Tröger die zunehmende Einflussnahme von Managern. «Wir sind sehr für Beratung von Athleten - doch alles zu seiner Zeit. Wenn dies in der Wettkampfvorbereitung geschieht, ist es ein Problem», kritisierte der NOK-Chef. Allerdings gab es nach Ansicht von Ebeling ohnehin zu viel Beratung in der Mannschaft: «Unser Hauptproblem sind die Trainer und die Zuständigkeiten.»

Einigkeit herrschte in der Teamführung bei der Beurteilung der Sydney-Spiele. «Sydney hat wie Lillehammer, München und Helsinki Zeichen gesetzt», urteilte Tröger. Er machte aber zugleich künftigen Olympia-Ausrichtern Mut: «Alle Rekorde sind zu toppen.»

ARD, Sydney 2000 (dpa), 29.09.2000

Trauer um DDR-Sportsystem

Robert Bartko und Franzi trauern um das Sportsystem der Deutschen Demokratischen Republik. Der Bahnrad-Doppelolympiasieger und die Schwimmerin Franziska van Almsick machten seine Zerschlagung für die Misserfolge in Sydney mitverantwortlich. Es seien "zehn Jahre verschenkt worden", sagten die aus Ostdeutschland stammenden Athleten der Hamburger Zeitung "Die Woche".

Bartko meinte: "Wenn man den Leistungssport abschaffen will, dann ist man auf dem richtigen Weg. Der Staat tut ja was für den Sport, aber nicht für den Leistungssport."

Jetzt merke man plötzlich, "unsere Kinder- und Jugendsportschulen waren gar nicht so schlecht", sagte van Almsick. Die Berlinerin, die in Sydney auf den Einzelstrecken scheiterte und mit Bronze in der Staffel zufrieden sein musste, vermisst das Teamgefühl. "Man war zum Zusammenhalt erzogen worden, musste als Mannschaft essen gehen, als Mannschaft die Schwimmhalle verlassen." Heute mache "jeder sein Ding".
"Ich hätte vielleicht längst meinen ersehnten Olympiasieg gefeiert, weil ich in der DDR nicht mit dem Druck des öffentlichen Lebens hätte klarkommen müssen, den ich nicht ignorieren kann", sagte die 22-Jährige weiter.   
(Source:Focus online, 27.07.2000)

 

Aktuelle GYMmedia-Diskussion nach dem deutschen Turn-Disaster bei Olympia und
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Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
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29-09-2000