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Geschichte des Pferdsprunges
Lange Zeit kannten die Turner kein spezielles
Gerät für den Sprung. Man nutze zu solcherart Übungen einfach das bekannte
Stützgerät Pferd und stellte es längs und benutzte es so schon früh auch
als Wettkampfgerät.
Zu den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen war der
Pferdsprung eine eigene Disziplin, die der Deutsch Carl Schuhmann aus
Charlottenburg (Berlin) gewann.
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Sieben Jahre später,
bei den
I. Weltmeisterschaften im belgischen Antwerpen, war als eine der
vielen Pflichtübungen die Riesengrätsche übers "Längspferd"
verlangt....
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English
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Vom
Holzgaul zum Pegases
Die Turner
stellten 2001 ihr Sprungpferd "in den Stall"
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Josef
Stoffel staunte nicht schlecht:
"Das ist ein Ding - man müsste eben noch mal 50 Jahre
jünger sein", schwärmte der 2001 73-jährige Luxemburger und bestaunte
den neuen "Pegases" zur WM in Gent. Dahinter verbirgt sich ein futuristisches Hightech-Sprunggerät,
das damals zur Turn- WM erstmals zum
Einsatz kam. Stoffel war von 1948 bis 1964 fünfmaliger
Olympiateilnehmer für Luxemburg und erster Vize- Europameister
im Pferdsprung der Geschichte (1955 in Paris) - übrigens hinter
dem Deutschen Adalbert Dickhut.
Der "Pegases-Sprungtisch"
des holländischen Sportgeräteproduzenten Janssen & Fritsen
stand kurz vor Weihnachten 2000 nicht nur in den
Spots von Europas größter "GYM-Gala" in Antwerpen,
Olympiastadt von 1920, sondern wurde dort von den Weltstars
des Kunstturnens vor 10 000 begeisterten Zuschauern des ausverkauften
Sportpalastes vorgeführt. |
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Josef Stoffel
- heute 78), hier in Antwerpen
2000
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Nemow
zur GYM Gala 2000
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Die
russischen Olympiasieger Jelena Samolodschikowa, Alexej Nemow,
Swetlana Chorkina und
andere katapultierten sich über die neuartige Stützfläche, die
im Turnsport einer kleinen innovativen Revolution gleichkommt.
Der Weltranglisten-Erste Nemow meint, "dass man wohl zur
Umstellung maximal drei Monate braucht, um die Vorzüge des Gerätes
voll zu nutzen."
Der Internationale Turnverband
FIG hatte nach langjährigen Überlegungen beschlossen (vgl.
FIG-Mitteilung vom 09.Oktober
2000), das alte Sprungpferd in den Stall zu stellen und
ließ ab 1. Januar 2001 und erstmals zu den Welttitelkämpfen
im Oktober 2001 in Gent (Belgien) den Sprungtisch zu, der gleichermaßen,
da höhenverstellbar, für Männer (1,35 m hoch) und Frauen (1,20
m) gilt.
Der Grund für diese Veränderung nach fast 200-jährigem
Gebrauch liegt in der Geschichte begründet.
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Schon Alexander
der Große und seine Makedonier sollen
an einem Holzross das Auf- und Absitzen geübt haben. Im 4. Jahrhundert
nach Christus schilderte ein gewisser Vegetius in einem "Abriss
des Römischen Heerwesens" das Üben der römischen Soldaten an hölzernen
Pferden.
Zu
Turnvater Jahns Zeiten
Anfang
des 19. Jahrhunderts kannte man auf der Berliner Hasenheide
drei verschiedene Pferde: Ein recht naturnahes mit Kopf und
Schwanz, ein lederüberzogenes ohne Schweif und aufsteigendem
Hals und den hölzernen Schwingel, womit der Fremdworthasser
Jahn das "Voltigieren" eingedeutscht hatte.
Daraus
entwickelte sich das heute bekannte olympische Pauschenpferd,
und die als Pauschen bezeichneten Stützbügel sind die ehemaligen
Sattelwülste. |

Turnpferd 1811
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Jahrzehntelang
kannte man kein eigenes
Sprungpferd, vielmehr wurde das "Seitpferd" einfach längs
gestellt, die Pauschen wurden abgeschraubt und Holzstäbe mit einem Knauf
in die zwei Löcher gesteckt, um Fingerverletzungen beim Stützen zu vermeiden.
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Der Berliner Olympiasieger Carl
Schuhmann 1896 in Athen
(re oben: Briefmarkenmotiv der Deutschen Bundespost 1996)
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Über
solch ein Gerät flog auch bereits der erfolgreichste deutsche
Olympiateilnehmer 1896 in Athen, der Berliner Carl
Schuhmann, zum Olympiasieg ... Und seither stand
dieses nie für Sprünge erdachte oder konstruierte Gerät über
ein Jahrhundert lang den Turnern als ein gefährlicher, zugespitzter
Bolzen in ihrer mehr als 20 Meter langen Anlaufbahn im Wege.
Gefährliche Stürze und Kollisionen
kennt die Turngeschichte, und als es 1991 im Vorfeld
der Weltmeisterschaft in Indianapolis mal wieder zu einer schweren
Verletzung des späteren amerikanischen Reck-Olympiasiegers
von Barcelona, Trent
Dimas, kam, forderte der Internationale Turnverband
durch seinen Vize-Präsidenten Siegfried
Fischer (Brasilien) zur Konzipierung eines für Männer
und Frauen gleichen und geeigneteren Sprunggerätes auf. |
Ein Grund war, dass bei den Männern der
nur 35 Zentimeter breite Pferderücken für die Anatomie der männlichen
Schulter viel zu schmal ist.
Bereits
seit 1983 hatte der damalige DDR-Cheftrainer Dieter Hofmann
in Vorträgen und Artikeln auf die ungeeignete Form und Gefährlichkeit
des Männer-Sprungpferdes hingewiesen, die nach Einführung der
Rondatsprünge (Radwende vor dem Gerät) noch offensichtlicher
wurde. Hofmann hat dann als fachlicher Berater der Firma Janssen
& Fritsen die
"Pegases"-Variante"
mitentwickelt, deren Name in Anlehnung an das geflügelte Pferd
der griechischen Mythologie den Sprung ins neue Millennium symbolisieren
soll.
Anfang der neunziger Jahre entwarf auch der österreichische
Bildhauer, Künstler und Turntrainer Helmut
Hödlmoser aus Wien eine hölzerne Modellvorlage, nach
der der deutsche Turngeräte-Produzent SPIETH (Esslingen) seinen
"Ergojet" kreierte und bereits am Rande der Turn-Weltmeisterschaft
1997 in Lausanne vorstellte.
. |
Am 26. Januar
2001 teilte die FIG den Geräteherstellern "Janssen&Fritsen"/
Holland ("Pegases")
und "SPIETH"/ Deutschland ("Ergojet")
offiziell die Zulassung ihrer Modelle gemäss
FIG-Normen als Wettkampfgeräte mit.
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D. Hofmann zwischen Sven Tippelt
und
Sylvio Kroll (1988)
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Beim
Biomechanischen Institut der Universität Freiburg hatten
zunächst bis
Januar 2001 vier Gerätehersteller insgesamt 6 Sprungtischvarianten
eingereicht, von denen zunächst o. g. zwei die erste,
begehrten FIG-Diplome
erhielten:
Die Turnstars flogen seitdem über das neue Gerät ins neue Turn-Jahrtausend.....
- Eckhard Herholz
<<
Die letzte Olympiasiegerin Jelena Samolodschikowa
(RUS), auf dem alten Sprungpferdurteilte 2000 bei einer
Show-Veranstaltung in Antwerpen:
"Pegases - das ist eine neue, aber sehr interessante
Herausforderung! " |
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Lange Zeit kannten die Turner kein spezielles
Gerät für den Sprung. Man nutze zu solcherart Übungen einfach das bekannte
Stützgerät Pferd und stellte es längs und benutzte es so schon früh auch
als Wettkampfgerät.
Zu den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen war der Pferdsprung
eine eigene Disziplin, die der Deutsch Carl Schuhmann aus Charlottenburg
(Berlin) gewann. Sieben Janre später, bei den
I. Weltmeisterschaften im belgischen Antwerpen war als eine der vielen Pflichtübungen
die Riesengrätsche übers "Längspferd" verlangt....
Die Frauen ermittelten erstmals 1950 Weltmeisterinnen über das quergestellte
Pferd...
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Da es
das Frauenturnen überhaupt erst seit 1934 im WM-Programm gibt,
vollzogen sich viele Gerätentwicklungen vorwiegend im Männerbereich.
Für die Frauen wurde eine vereinfachte Variante abgeleitet -
beim Pferdsprung war es statt des längs gestellten Pferdes (anfangs
1,90m (!) lang) - das quergestellte Pferd. Somit entwickelten
die Frauen auch von Anfang an eine andere Stützvariante, indem
sie die Kante der Stützfläche zur besseren Umsetzung der Horizontalgeschwindigkeit
in die Höhe der 2. Flugphase nutzten.
Erste Sprung-Weltmeisterin der Geschichte wurde 1950 in Basel
die Polin Helena Rakoczy,
die dort noch den Mehrkampf, das Balken- und das Bodenturnen
gewonnen hatte, vor Gertrude Kolar
aus Österreich und der Französin Alexandrine Lemoine.
* Eckhard
Herholz, GYMmedia |
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Oksana
Chusovitina GER) - hier bei der
Pegases-Premiere 2010 zur WM in Gent;
- mit 35 Jahren in Rotterdam erneut dabei!
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*Sources/Quellen:
"Der Vorturner", 1927/28; "Das Turnjahrhundert
der Deutschen", Götze/Herholz: Beckmanns Sportlexikon A-Z,
Leipzig, Wien 1933; "Deutsche Turnzeitung", 1901;
"Neue deutsche Turnzeitung", 1961, J. Leirich; "Geschichte
der Turngeräte", J. Göhler/R. Spieth; "Mondsalto",
gymbooks Verlag 1994, A. Götze/J. Uhr; "FlickFlack...",
Sportverlag Berlin, A .Götze/H.-J. Zeume; "The History
of British Gymnastics", 1988 by BAGA.
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