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Vom
Holzgaul über den Schwingel zum modernen Pauschenpferd
(Verwendet wurden Informationen
aus "Geschichte der Turngeräte von J. Göhler, 1989)
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Bereits bei Darstellung der Geschichte
des Sprungpferdes wurde deutlich, dass sich dieses vom Pferd mit Pauschen
abgeleitet hat (- Siehe "Vom
Holzgaul zum Pegases").
Schon Alexander
der Große und seine Makedonier sollen
an einem Holzross das Auf- und Absitzen geübt haben. Im 4. Jahrhundert
nach Christus schilderte ein gewisser Vegetius in einem "Abriss
des Römischen Heerwesens" das Üben der römischen Soldaten an hölzernen
Pferden. Irgend jemand muss im 17. Jahrhundert diesen "Vegetius"
hervorgeholt haben und baute das dort zur Wehrertüchtigung benutzte
Pferdturnen aus. Die Voltigierkunst spielte dann bis weit ins 18. Jahrhundert
hinein in den Ritterakademien und in den Fechtschulen an den Universitäten
eine große Rolle. Aus dieser Zeit ist auch eine ziemliche Anzahl von
Lehrbüchern bekannt.
Auswahl verschiedener Modelle im Wandel der
Zeiten:
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Pferd nach Vieth 1795,
bereits höhenverstellbar |
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Pferd nach Guts Muths,
um 1800
mit eisernen Biegeln |
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Modell Jaeger um 1860,
lederbezogenes Holzpferd |
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Belgisches Model 1903
mit eigentümlichen Füßen, vollsymetrisch |
Zu
Turnvater Jahns Zeiten Anfang
des 19. Jahrhunderts kannte man auf der Berliner Hasenheide
drei verschiedene Pferde: Ein recht naturnahes mit Kopf und
Schwanz, ein lederüberzogenes ohne Schweif und aufsteigendem
Hals und den hölzernen Schwingel, womit der Fremdworthasser
Jahn das "Voltigieren" eingedeutscht hatte. Daraus
entwickelte sich das heute bekannte olympische Pauschenpferd,
und die als Pauschen bezeichneten Stützbügel sind die ehemaligen
Sattelwülste.
Um die Wende zum 20.Jahrhundert hatten
Turnpferde diese Maße (lt. Jahrbuch der Turnkunst 1907): |

Turnpferd
1811
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Pferd um 1900
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"Die geeignete
Länge des Pferdes ist eine solche von 190 cm." Als Höhe
wird 110 bis 170cm angegeben., Höhe des Rumpfes 40 cm, seine
Breite oben 40 cm unten 37 cm, Hals und Kurzlänge sind gleich,
der Sattel, d.h. der Pauschenabstand misst 44 bis 45 cm, woraus
sich für Hals und Kurzteil je 72 cm ergeben. Die Bügelpauschen
sind 11 - 12 cm hoch und haben eine Dicke von 30 bis 32cm. Üblich
waren aber auch noch Pferde mit längerem Hals (unsymmetrisch),
der leicht schräg nach oben führte.Um 1920 gab es ein völlig
symmetrisches Pferd (Handbuch R.Gasch), bei dem aber Kopf und
Kreuz verschiedene Längen hatten. Der Pferdrücken ist (noch
lange) rund, und lässt noch keine Tendenzen erkennen, ohne die
Beinschwünge auszuführen, gar auf Hals und Kreuz zu "wandern",
wie es später in der Turnsprache heißen wird. Dies verboten
auch schon die runden Pauschen, die nur schlecht zum Stütz beider
Hände taugten, wie es für das Wandern typisch wurde. Ein Pferd
aus dem Jahre 1926 erschien im Rumpf schon schlanker und verläuft
an der unteren Fläche in leichter Schräge nach oben. An solch
einem Gerät wurde noch 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin
geturnt und war nur noch 180 cm lang. Schon turnte man daran
auf Hals und Kreuz Kreisschwünge und Kehren. |
1948 erschienen
die Amerikaner zu den Olympischen Spielen mit einem Pferd,
dass nur 160 cm lang war und einen völlig symmetrischen Bau hatte. So
turnten sie auch an den Außenteilen ihre Beinschwünge virtuos und zeigten
völlig neue Kombinationen.
Bei einer Tagung der Geräte-Nominierungskommission des Internationalen
Turnerbundes in Venedig 1955 wurde die in der Schweiz üblich gewordene
160 cm-Pferdlänge erörtert und ein Jahr später in Boppard entgültig
beschlossen, man sprach nunmehr nicht mehr von Hals und Kreuz, sondern
von den beiden gleichen "Pferdenden". Auf denen turnten solche
Pferdkünstler wie Grant Schaginjan 1954 zur WM ihre Scheren, Kreise
und Kehren so virtuos, dass ihre Turntechnik wesentlich die Wandlung
des Gerätes beeinflusste.
Die Entwicklung
der Pauschen (ehemals die Sattelwülste) war stark abhängig
vom Charakter ihrer Nutzung. Solange vorwiegend das reine Springen üblich
war, das Voltigieren mehr eine Vorübung zur Reitkunst, hatten die Pauschen
noch keine bedeutende Funktion. Als man später im Stütz zu schwingen
begann - erst einbeinig, seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch beidbeinige
Kreisschwünge - hatte das Einfluss auf deren Form. Zu dieser Zeit schien
das Schweizer Turnen besonders fortschrittlich gewesen zu sein, in den
80er Jahren griff das Pauschenturnen dann auch auf deutsche Vereine
über - die Hohlpausche wurde zur Regel, anfangs aus Eisenrohren, später
aus Holz gefertigt. Auch mit Leder überzogene Bügelpauschen wurden üblich.
Die Pauschen des Olympiapferdes von 1936 waren dann schon deutlich abgeflacht.
Diese Tendenz setzte sich dann Mitte der
50er Jahre fort. Die Pferdkünstler erzwangen dann schrittweise weitere
Veränderungen, so der Chinese Yu, Lie Feng 1962 zur WM in Prag mit seinen
Kreisflanken auf einer Pausche, der Spezialist Russel Mills mit Kreisflanken
1964 im Querstütz auf einer Pausche, dann Miroslav Cerar, dann Zoltan
Magyar und immer lauter wurde der Ruf nach Pauschen, die den flüchtigen
Doppelgriff auf möglichst gleicher Pauschenhöhe erlaubten. So wurde
die Pauschenlänge 1974 von 280 auf 310 mm vergrößert. Nahezu revolutionär
war die 1975 erstmals zur Berliner Gymnaestrada eingeführte Kunststoffpausche
mit absoluter maschinell gefertigter Maßgenauigkeit. Neu war in dieser
Zeit auch die Erweiterung des Pauschenabstandes von 400 bis 450 mm betrug
und stufenlos verstellbar war. (E. Herholz)
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Janssen&Fritsen
präsentiert: |
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Das heutige
Wettkampfgerät, wie es vom Offiziellen Geräteausstatter
der WM Janssen&Fritsen in Rotterdam eingesetzt wird,
ist
ein absolutes Hochleistungs-Pauschenpferd und FIG-diplomiert.
Der formbeständige Rumpf ist
mit Schaum und hochwertigem Leder überzogen.
Mit Vollkunststoffpauschen und
Spannketten zur Bodenverankerung ausgestattet ist es zwischen
110 und 150 höhenverstellbar, in Stufen von 5 cm und verfügt
über eine eingebaute Fahreinrichtung.
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*Sources/Quellen:
"Der Vorturner", 1927/28; "Das Turnjahrhundert
der Deutschen", Götze/Herholz: Beckmanns Sportlexikon A-Z,
Leipzig, Wien 1933; "Deutsche Turnzeitung", 1901;
"Neue deutsche Turnzeitung", 1961, J. Leirich; "Geschichte
der Turngeräte", J. Göhler/R. Spieth; "Mondsalto",
gymbooks Verlag 1994, A. Götze/J. Uhr; "FlickFlack...",
Sportverlag Berlin, A .Götze/H.-J. Zeume; "The History
of British Gymnastics", 1988 by BAGA. |
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