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Die
altgediente Svetlana Chorkina dominiert die Turn-EM im
griechischen Patras, die Rumäninnen enttäuschen. Währenddessen
hoffen die Gastgeber mit Blick auf Olympia weiter auf ein
organisatorisches und turnerisches Wunder
PATRAS taz Die Griechen haben einen
starken Glauben - an ihre Götter und an ihre eigenen Fähigkeiten. Dies zumindest haben sie bei den
Europameisterschaften der Kunstturnerinnen am Wochenende in Patras
bewiesen. Schon bei der Eröffnungsfeier in einem zwei
Jahrtausende alten Amphitheater verließ der angerufene Wettergott
die allzu optimistischen Organisatoren. Die über 250 Turnerinnen aus 34 Ländern ließen sich von den verzweifelten
Beteuerungen, es regne nicht
wirklich, nicht beirren. Noch bevor die Kapelle die griechischen
Volkstänze anstimmen
konnte, suchten sie das Weite. Zuvor hatte der eigens aus Athen
angereiste
Sportminister Ioánnis Kourákis unterstrichen, dass ja
"nicht nur die
Ursprünge unserer Zivilisation", sondern auch jene des
Turnens in der griechischen
Antike liegen. Zwar ist die Parallele von der antiken Athletik zum
heutigen Kunstturnen
mehr als gewagt, aber historische Bezüge wiegen in Hellas
eben besonders schwer. Die Organisatoren von heute können
schließlich nichts
dafür, dass es erst seit 1970 griechische Meisterschaften und gar
erst seit 1997
einen nationalen Turnverband gibt.
So wurde dem Glauben an die
Turnnation Griechenland in Patras etwas nachgeholfen:
Busseweise Grundschulkinder füllten die Halle und übten das
Fansein schon
mal vorsorglich für die Olympischen Spiele 2004. Folgenden
Donnerstag turnen die Männer an gleicher Stätte und mit
vermutlich denselben
Bemühungen ihre Europameister aus. Bei den Frauen allerdings
konnte man
noch kein griechisches Team präsentieren, obwohl ein solches
mittlerweile nur noch
aus drei Turnerinnen bestehen muss. "Die Spiele", wie
die Europameisterschaften
hier konsequent genannt wurden, liefen auch ohne hellenisches
Trio reibungslos.
Efsaia Polychronidou, Verantwortliche für die Turnwettbewerbe
2004 in Athen, betont die Professionalität der Griechen und
negiert lächelnd
die Realitäten: "Das IOC ist sehr zufrieden mit uns, es gibt
keinerlei Verspätungen.
Auch die Renovierung der Turnhalle beginnt nächsten Monat."
Auch hier
hofft man wohl, der Glaube werde Berge versetzen.
Mit der letztjährigen
Verpflichtung des russischen Chefgenius Leonid Arkaev,
der einen
"Beratervertrag" zur Vorbereitung eines griechischen
Frauenteams erhielt,
hat man ausnahmsweise auf einen irdischen Gott vertraut. Und, wie
diese
Europameisterschaften bewiesen, sicher gut daran getan, denn
Russland siegte
in Patras auf der ganzen Linie: Mannschaftstitel der Juniorinnen
(Jahrgänge 1987-1989)
und der olympischen Klasse sowie beide Mehrkampftitel. Die
22-jährige Svetlana
Chorkina gewann den dritten Europameisterschaftstitel in
Folge, strafte alle
Kritiker ein weiteres Mal Lügen und verkündete anschließend:
"Ich bin müde,
sehr müde."
Die Vorherrschaft der wenig
ansehnlichen rumänischen Schule im Frauenturnen scheint
damit zunächst beendet. Denn nicht nur Griechenland und auch
Deutschland, sondern
sogar der Olympiasieger und amtierende Weltmeister Rumänien
konnten hier kein
komplettes Team präsentieren. Zwar fehlt es auch dem
rumänischen Chef
Oktavian Belu, der vor einigen Wochen seine Weltmeisterinnen wegen
Faulheit und
Übergewicht aus dem Trainingszentrum warf, nicht an
Selbstvertrauen. Aber
an die guten Götter der Griechen glaubt er nicht. SANDRA SCHMIDT
(taz Nr. 6731 vom
22.4.2002, Seite 19, 111 TAZ-Bericht SANDRA SCHMIDT
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