Geschichte des Bodenturnens (I)
Das Bodenturnen entwickelte sich aus den Freiübungen, die - mit und ohne Handgerät - lange Zeit zum festen Wettkampfprogramm gehörten. Die Forderung nach Gleichstellung der Freiübungen mit dem Gerätturnen tauchte erstmals 1923 in einem "Memorandum" auf, das Vorschläge zu den Regeln der (WM)-Turniere enthielt. Doch erst bei den Weltmeisterschaften 1930  in Luxemburg gehörte das kunstgerechte Bodenturnen mit Einzelausführung von Pflicht und Kür (anstelle der bisherigen Massenübungen) erstmals zum Wettkampfprogramm.


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Abb. aus Tuccaro-Buch: "Drei Dialoge zu Übungen des Springens und Voltigierens in der Luft"

Archange Tuccaro (1536 - 1616)
Der italienische Akrobat am französischen Königshof schrieb ein 400 Seiten starkes und reich bebildertes Buch (Paris, 1599)  über das "Luftspringen", das akrobatische Übungen am Boden und mit Geräten beschreibt. Tuccarao unterrichtete auch König Heinrich III. im Bodenturnen und erhielt den Titel "Hofspringer" (Saltarin).
Mit seinem Buch ist Tuccaro gewissermassen auch der Stammvater der Turnmethodik.
Die Akrobatik ist heute wesentlicher Bestandteil von Bodenübungen.

Bodenturnen aber ist so alt wie das Gaucklertum und die Zirkuskunst. Belege finden sich bereits in Felszeichnungen von Beni Hasan aus vorchristlicher Zeit...

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Das heutige Bodenturnen als Einzeldisziplin entstand aus den Freiübungen, die in Deutschland von einem Adolf Spiess (1810 - 1858) und von Justus Carl Lion (1829 - 1901) entwickelt wurden, die Tuccaros akrobatische Überschläge und Salti (Fremdworthasser F.L.Jahn sagte dazu: "Kopfübern") allerdings nicht enthielten. 


Lange Zeit blieb es bei solcherart Massen- oder Gruppenübungen mit strengsten einheitlichen Bewegungsvorschriften.
Der beim Münchener Turnfest 1923 für Frankfurt turnender Ex-Leipziger Martin Gebhardt wagte 1923 erstmals einen Flick-Flack, und auch 10 Jahre später kannte man noch kein eigenes Gerät Boden, wurden doch die Freiübungen immer noch auf dem Rasen geturnt.

. Erstmals bei Weltmeisterschaften wurde 1930 in Luxemburg offizielle Geräteranglisten geführt. Der Jugoslawe Josip Primozic (rechtes Foto) geht somit als der erste Bodenweltmeister in die Geschichte ein.
Noch 1932 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles wurden die Bodenübungen im Freien und auf dem Rasen geturnt. Die Turnnation Schweiz bestimmte in den dreissiger Jahren die Weltspitze, auch am Boden. Georg Miez, der WM-Zweite 1930 und Weltmeister 1934 wurde 1936 bei Olympia in Berlin Sieger vor seinen Landsleuten Josef Walther und Eugen Mack.
Erstmals gab es 1936 in Berlin einen Boden, der bereits über eine gewisse Federwirkung verfügte, denn das Bodenturnen hatte sich seit Mitte der dreissiger Jahre stark gewandelt. Dynamisches Bodenturnen war schon seit Ende der zwanziger Jahre beschrieben.


Joze Primozic

Mit dem Ungarn Ferenc Pataki und seiner dynamischen Akrobatik begann schon 1937 eine neue Ära des Bodenturnens - der Ungar wurde 1948 auch Boden-Olympiasieger.


Starke Schweizer: Georg Miez (1932)

und Eugen Mack (1936)

   
Ernst Fivian, zur EM 1959
Vorreiter bei der Entwicklung von speziellen Bodenbelägen (federnde "Schwingböden") waren bereits Mitte der zwanziger Jahre die Engländer und die Deutschen, Mitte der dreissiger auch die Dänen, wo der grosse Niels Bukh bereits erstaunliche Leistungen zeigte.

E.Herholz/gymmedia

Sources/Quellen: "Der Vorturner", 1927/28; "Das Turnjahrhundert der Deutschen", Götze/Herholz: Beckmanns Sportlexikon A-Z, Leipzig, Wien 1933; "Deutsche Turnzeitung", 1901; "Neue deutsche Turnzeitung", 1961, J. Leirich; "Geschichte der Turngeräte", J. Göhler/R. Spieth; "Mondsalto", gymbooks Verlag 1994, A. Götze/J. Uhr; "FlickFlack...", Sportverlag Berlin, A .Götze/H.-J. Zeume; "The History of British Gymnastics", 1988 by BAGA.

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