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(16-Mai-2002)

"Sportfeste der DDR waren ergreifend und verführerisch schön"

. "1987 zum Sportfest bin ich auf den Stadionwall gestiegen. ,Kein schöner Land wurde gesungen. Das war ergreifend, verführerisch schön dann folgte ein Eid auf die DDR." Irmtraud Hollitzer, damals 43 und aktive Kirchenmitstreiterin, hatte es abgelehnt, als Rundfunk-Chor-Mitglied beim Massentreffen aufzutreten. Heute leitet sie das Museum über die Stasi in Leipzigs Runder Ecke und steckt in letzten Vorbereitungen für die morgen öffnende Ausstellung "Sport in der DDR (Körper-) Erziehung im Dienst der SED". Die acht Turn- und Sportfeste der DDR wurden in Leipzig gefeiert. "Der Staat", meint Irmtraud Hollitzer, "bediente sich aller Instrumente, um die Massen hinter sich zu bringen. Die Großveranstaltungen in Leipzig waren überladen mit Propaganda, und die Menschen empfanden es auch noch als schön, dabei zu sein."

Im Vorfeld der 1987er Festes, so erläutert Museumsmitarbeiterin Yvonne Fiedler, wurden laut einem Protokoll der Sicherheitsorgane DDR-weit 356 potenzielle Störer in Haft genommen und fast 3000 "Kontrollpersonen" in "Vorbeugungsgesprächen" unter Druck gesetzt, nicht nach Leipzig zu reisen. Hingegen trafen 3000 zusätzliche hauptamtliche Stasi-Leute ein, für eventuelle Massenfestnahmen wurden "Zuführungspunkte" eingerichtet. Die über 72 000 aktiven Teilnehmer des Treffens hatte der Geheimdienst sämtlich überprüft. Der enorme Aufwand zeigte Wirkung: Bis auf ein paar Schmierereien und Pöbeleien verlief die Veranstaltung politisch störungsfrei.
In der Leipziger Öffentlichkeit, so vermelden es Stimmungsberichte der Stasi, regte sich jedoch viel Kritik. Vor allem die enormen Kosten lösten Widerspruch aus, das Geld werde doch viel dringender für Wirtschaft, Versorgung und Umweltschutz gebraucht. Selbst von Lehrkräften der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport wurde laut einem Spitzelbericht moniert, dass die Festvorbereitungen den Studienablauf störten. Unter Berliner Teilnehmern gab es hingegen Frust, weil die hauptstädtische Abordnung von Einheimischen mit Pfiffen begrüßt worden war.

"Wir wollen mit der Ausstellung insgesamt die Militarisierung und Ideologisierung des DDR-Sports zeigen", erklärt Irmtraud Hollitzer. "Marschieren, Strammstehen und Meldungmachen wurden schon ab der 1. Klasse im Sportunterricht geübt, später folgte die vormilitärische Ausbildung in der Gesellschaft für Sport und Technik. Die Menschen wurden zum In-der-Reihe-Stehen, zum Bedingungslos-Funktionieren erzogen, und kaum einer hats gemerkt."

In unserer Zeitung hatte das Leipziger Bürgerkomitee als Träger des Museums aufgerufen, Sportfest-Erinnerungsstücke für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. "Die Leute brachten Souvenirs von Eintrittskarten bis zum Kunstlederbeutel, aber fast alle möchten ihre Sachen später zurückbekommen, sie hängen sehr daran", erzählt die Museumschefin. "Wir wollen mit unserer Schau auch keine schönen Erinnerungen zerstören, aber zum Nachdenken darüber anregen, wie eine Diktatur die Bevölkerung verführt hat."
    Armin Görtz/LVZ

Die Schau
"Sport in der DDR (Körper-) Erziehung im Dienst der SED"
am Dittrichring 24 ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Informationen zu Führungen 
unter  Tel. 0341-9 61 24 43.
    

(Quelle: LVZ)

     

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