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"Sportfeste der DDR waren ergreifend und verführerisch schön" |
. | "1987 zum
Sportfest bin ich auf den Stadionwall gestiegen. ,Kein schöner Land wurde
gesungen. Das war ergreifend, verführerisch schön dann folgte ein Eid
auf die DDR." Irmtraud Hollitzer, damals 43 und aktive
Kirchenmitstreiterin, hatte es abgelehnt, als Rundfunk-Chor-Mitglied beim
Massentreffen aufzutreten. Heute leitet sie das Museum über die Stasi in
Leipzigs Runder Ecke und steckt in letzten Vorbereitungen für die morgen
öffnende Ausstellung "Sport in der DDR (Körper-) Erziehung im
Dienst der SED". Die acht Turn- und Sportfeste der DDR wurden in
Leipzig gefeiert. "Der Staat", meint Irmtraud Hollitzer,
"bediente sich aller Instrumente, um die Massen hinter sich zu
bringen. Die Großveranstaltungen in Leipzig waren überladen mit
Propaganda, und die Menschen empfanden es auch noch als schön, dabei zu
sein."
Im Vorfeld der 1987er Festes, so erläutert
Museumsmitarbeiterin Yvonne Fiedler, wurden laut einem Protokoll
der Sicherheitsorgane DDR-weit 356 potenzielle Störer in Haft genommen
und fast 3000 "Kontrollpersonen" in "Vorbeugungsgesprächen"
unter Druck gesetzt, nicht nach Leipzig zu reisen. Hingegen trafen 3000
zusätzliche hauptamtliche Stasi-Leute ein, für eventuelle
Massenfestnahmen wurden "Zuführungspunkte" eingerichtet. Die über
72 000 aktiven Teilnehmer des Treffens hatte der Geheimdienst sämtlich überprüft.
Der enorme Aufwand zeigte Wirkung: Bis auf ein paar Schmierereien und Pöbeleien
verlief die Veranstaltung politisch störungsfrei. (Quelle: LVZ) |