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16-Nov-2000

 

"18 Jahre Kunstturnen sind genug"

- Letzter Auftritt desSchweizer Weltklasse-Turners
Dieter REHM beim SWISS CUP in Zürich -

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Farewell-Party von Didi Rehm am Swiss Cup
Dort, wo einst sein Stern aufgegangen war, feiert Dieter "Didi" Rehm am Sonntagnachmittag seinen nationalen Abschied. Am Swiss Cup in Zürich werden die Schweizer Zuschauer den erfolgreichsten Turner seit Jahrzehnten letztmals im Einsatz sehen können -- zusammen mit zwei Dutzend andern Weltklasse-Athleten.

Vor fünf Jahren war Rehm am Swiss Cup, der damals Grand Prix hiess, als nahezu Unbekannter mitten in die Weltklasse gesprungen und Dritter geworden. Seither erkämpfte der dreifache EM- und WM-Medaillengewinner am GP von Zürich regelmässig Podestplätze.

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Didi und Leipziger Freundin; Zeit fürs Private.....

Inzwischen heisst der Grand Prix wieder Swiss Cup, so wie vor fast 20 Jahren, als der TV Adliswil diesen Anlass (als Nachfolgewettkampf des ehemaligen Sihltalcups für Junioren) erstmals organisiert hatte. (....> lesen Sie zur "Geschichte des Swiss Cups")

Paarwettkampf mit sieben Olympia-Medaillengewinnern
Wie damals findet wird der Swiss Cup in Form eines Paarwettkampfes ausgetragen, nachdem der Grand Prix mit klassischem Austragungsmodus und Gerätefinals immer teurer zu stehen kam und trotzdem immer weniger Zuschauer in der Saalsporthalle erschienen.  So wird diesmal wieder eine Art Cup-Wettkampf mit Zweier-Teams (je ein Mann und eine Frau) durchgeführt, in dem über insgesamt vier Durchgänge das Siegerduo ermittelt wird. Pro Durchgang wird nur an vier (freigewählten) Geräten geturnt. Dieter Rehm spannt mit der Russin Jekaterina Lobasniuk zusammen, die in Sydney Silber (Balken) und Bronze (Pferdsprung und Mannschaft) holte.

Neben Lobschnjuk machen ein halbes Dutzend weitere Olympia-Medaillengewinner mit, darunter die Olympiasieger Huang Xu (China, Team) und Jelena Zamolodschikowa (Russ, Boden und Pferdsprung). Der Weissrusse Iwan Iwankow, zweifacher Ex-Weltmeister im Mehrkampf, und die Rumänin Maria Olaru, Weltmeisterin von 1999, sowie der Ukrainer Alexander Beresch, Europameister 2000 und Olympiadritter, sind weitere Teilnehmer mit klangvollen Namen.

Ausser Rehm, der nach dem Swiss Cup nur noch am DTB-Cup in Stuttgart teilnimmt und dann endgültig aufhört, treten mit Martin Fuchs und der Schweizer Meisterin Annik Salzmann zwei weitere TurnerInnen des STV an. Fuchs ersetzt Mehrkampfmeister Andreas Schweizer, der wegen Verletzung und Krankheit passen musste.

Statt Pferdsprung künftig Tischsprung 

(... siehe auch unter  "PEGASUS" von Janssen&Fritsen/Niederlande und "ERGOJET" von Spieth/Germany)
Wie Rehm wird in Zürich auch dessen Lieblingsgerät, das Pferd, zum letzten Mal in einem Wettkampf zu sehen sein. Ab nächster Saison wird von einem Gerät gesprungen, das einem Tisch mehr ähnelt als dem bisherigen Pferd. Die Stützfläche ist breiter, die Front abgerundet und mit dämpfenden Materialien versehen, so dass die Verletzungsgefahr künftig viel geringer ist. Analysen hatten ergeben, dass 35 Prozent der Verletzungen im Kunstturner beim Pferdsprung passieren.

Der Kreateur dieses neuen Geräts ist der Ostdeutsche Medaillenschmied Dieter Hofmann, der seit 1991 am regionalen Trainingszentrum in Liestal tätig ist. Als DDR-Cheftrainer hatte Hofmann mit seinen Athleten 52 EM-, WM- und Olympia-Auszeichnungen errungen, davon viele im Pferdsprung. Nach erfolgreich verlaufenen Test wird der neue Sprungtisch offiziell ab 1. Januar 2001 verwendet.

(Das Programm des Swiss Cups in der Zürcher Saalsporthalle:

Samstag, 18.November 2000 (14.00 Uhr):   Turn-Show und Training der Weltklasseturner.
Sonntag, 19.Nov-2000:          (14.00 Uhr):   Swiss Cup (Paarwettkampf).

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INTERVIEW: "Good bye, Didi....."
spg.
18 Jahre Leistungssport sind genug, findet der dreifache EM- und WM-Medaillengewinner, der zwei Drittel seines Lebens hauptsächlich in Turnhallen verbrachte. "Jetzt will ich das Leben auch mal geniessen", sagte der Zürcher im Interview mit Richard Hegglin.
  • Sie sind erst 26-jährig, etwas früh für einen Sportler, um zurückzutreten.

Dieter Rehm: Was heisst 'erst' 26-jährig? In diesem Alter ist man im Kunstturnen an der obersten Grenze. Es fällt einem nicht mehr so leicht, neue Elemente zu lernen, um international vorne dabei zu sein. Überdies ändern nächstes Jahr die Wertungsvorschriften; alles wird noch schwieriger. Ich müsste jeden Übungsteil von Neuem hart erarbeiten und mein jetzt schon hohes Trainingspensum nochmals
erhöhen- das liegt einfach nicht mehr drin.

  • Sind es rein sportliche Überlegungen, die Sie zum Rücktritt veranlassten?

Dieter Rehm:  Weitgehend. Ich bin schon so lange dabei, davon fünf Jahre an der
Weltspitze. Ich habe mehr erreicht, als ich je erwarten durfte -- mit meinen zwei
EM-Medaillen, der WM-Auszeichnung und den beiden Olympia-Finals. Ich möchte
auf dem Höhepunkt abtreten.

  • Rücktritte von Kaderturnern waren in letzter Zeit mit Nebengeräuschen verbunden,
    von Mobbing war sogar die Rede. Solche Dinge haben bei Ihnen keine Rolle
    gespielt?

Dieter Rehm:  Nein, überhaupt nicht. Ich hatte ein Superverhältnis mit dem Verband und
meinen Trainern. Entscheidend waren vor allem private Gründe. Nachdem sich in
den letzten 18 Jahren fast alles ums Kunstturnen gedreht hat, ist es an der Zeit,
sich andern Dingen zuzuwenden -- und auch mal das Leben zu geniessen. Im
Januar und Februar werde ich abtauchen und für niemanden erreichbar sein.

  • Also keine Übersättigungs-oder Kurzschlussreaktion?

Dieter Rehm:  Der Entscheid ist wohlüberlegt. Schon im Frühling machte ich mir
Gedanken: Was wird nach Sydney, falls ich selektioniert werde? In der
Zwischenzeit hatte ich viele gesundheitliche Probleme mit meinen
Handgelenkverletzungen, dann der Fussverletzung in Sydney. Das waren für mich
Signale, dass die Zeit gekommen ist, dem Spitzensport ade zu sagen und etwas
Neues aufzubauen.

  • Sie waren der einzige Olympia-Teilnehmer. Ihr Rücktritt hinterlässt eine grosse
    Lücke. Wie sehen Sie die Zukunft im Schweizer Kunstturnen ohne Dieter Rehm.

Dieter Rehm:  Es gibt jüngere talentierte Turner, die nachstossen. Zum Beispiel die beiden
Schweizer, Roman und Andy. Andy hat ja seine Qualitäten im Mehrkampf und an
den Ringen schon einige Male unter Beweis gestellt, Roman macht ebenfalls
grosse Fortschritte. Ihnen traue ich eine grosse Zukunft zu. Man darf bei der
nächsten WM noch keine Wunder erwarten, aber in zwei, drei Jahren werden sie
an der Spitze mithalten können.

  • ... so dass die Schweiz in Athen 2004 wieder eine Mannschaft stellen kann?

Dieter Rehm: Man darf sich ein solches Ziel setzen. Das ist nicht unrealistisch. Aber es
wird ähnlich schwierig wie für uns vor Sydney.

  • Und wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus?

Dieter Rehm:  Das erste Jahr möchte ich nützen, Zeit für mich zu haben, um Freunde und
Kollegen zu treffen, die ich während meiner Aktivzeit vernachlässigte, dazu will ich
viel mit der Familie unternehmen. Daneben werde ich eng mit einer Beratungsfirma
zusammenarbeiten. Aber Konkretes liegt noch nicht vor
.

  • Einen Dieter Rehm als Trainer wird es nicht geben?

Dieter Rehm:  Das habe ich schon immer gesagt: Eine Trainer-Tätigkeit wäre nicht mein
Ding. Sicher werde ich dem Kunstturnen erhalten bleiben, offen ist nur noch, in
welcher Funktion -- vielleicht als Kampfrichter oder im PR-Bereich.
(he)

(Quelle: stv/sfg-online)

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