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.... wie kam es
vor 44 Jahren im damals zweigeteilten Deutschland zur olympischen Abstinenz in der
Disziplin Frauenturnen:
Am 7./8. Januar fanden im Leipziger Hotel "International"
Verhandlungen zwischen dem Deutschen Turner-Bund der BRD und der damaligen
"Sektion Gymnastik und Turnen" der DDR statt (Vorläufer des Deutschen
Turnverbandes der DDR (DTV).Der DTB-Delegation
der BRD gehörten u.a. an Herr Dr. Dommel, Bundesoberturnwart (München), Herr Heinz
Andrè, Kunstturnwart Rudolf Spieth.
Der DDR-Seite wurde vertreten durch den
späteren DTV-Präsidenten Erich Riedeberger (Leipzig) sowie die Herren Werner Polland,
Albin Lätzer, Peter Dobbertin...
Die Herren der DTB-Delegation gaben lt. Protokoll zur Kenntnis, dass sie auf Grund
eines DTB-Beschlusses keine Frauenturnmannschaften zu Wettbewerben
entsenden, "bei denen Pflichübungen ausgeschrieben waren". Dies war allerdings
international bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen der Fall! Sie seien aber
einverstanden, wenn DDR-Turnerinnen diese Möglichkeiten wahrnehmen. Daraufhin wurden auf
DDR-Seite 2 Startplätze für Turnerinnen für die Teilnahme an den Spielen in Melbourne
1956 vorgesehen.
Am 22.September 1956, zum definitiv letzten
deutschen NOK-Gipfel im Hotel "Elefant" in Weimar, wurde die deutsche
Olympiamannschaft für Melbourne aufgestellt.
Zum Turnen hiess es dort u.a. im Protokoll: "... bei den Frauen fallen die
vorgesehenen 2 Nominierungen wegen Schwangerschaft aus...".
(Anmerkung: DDR-seitig betraf dies die beiden besten
Turnerinnen Ingrid Föst und die Gattin des späteren DTSB-Präsidenten Vera
Matschulat-Ewald.)
Historischer Exkurs in Sachen deutsches olympisches
Frauenturnen:
- Die deutsche Frauenriege gewann 1936
in Berlin die Mannschafts-Goldmedaille.
- 1948 und 1956 - ebenfalls auf australischem Boden
(s.o.) - waren deutsche Turnerinnen nicht dabei.
- Durch eine eigensinnige und bornierte
Haltung gegenüber den Entwicklungstendenzen des internationalen, modernen Kunstturnens
der für den Frauenturnsport der fünfziger/sechsziger Jahre zuständigen Funktionäre des
DTB, kam es in der Folge zu Stagnation der Leistungsentwicklung: War die Frauenriege des
DTB 1952 zu Olympia noch auf dem 5.Mannschaftsplatz zu finden, starteten erst 16 Jahre
später wieder (Mexiko-City, 1968) bundesdeutsche Turnerinnen (9.Platz Mannschaft; beste
Turnerin damals Angela Kern (TuS Teningen). Erst mit Beginn der siebziger Jahre wurde
wieder ein deutlicher Aufschwung mit solchen Turnerinnen wie Uta Schorn möglich, die als
erste Turnerin das Mehrkampffinale (23.) in München 1972 erreichte. Ständige
Verbesserungen führten in Montreal 1976 bereits wieder zu einem 7. Mannschaftsplatz, mit
solchen international bekannten Turnerinnen wie Andrea Bieger - 12. im olympischen
Mehrkampf, Jutta Ottersdorf (23.) und Petra Kurbjuweit (26.). Der Olympiaboykott der BRD
u.a. Länder gegen die Moskauer Spiele 1980 bedeutete zwar einen herben Rückschlag -
generell für den Sport; allerdings glänzte die DTB-Frauenriege dann 4 Jahre später in
Los Angeles mit einem herausragenden 4. Mannschaftsrang. Der wurde zwar in Abwesenheit der
diesmal boykottierenden sozialistischen Länder (ausser Rumänien) erzielt, aber Anja
Wilhelm (12. Mehrkampf, 7.Balken), Brigitta Lehmann (6. Sprung, (31.)), Astrid Beckers
(23.), Elke Heine (36.) wiesen dort hohes internationales Leistungsniveau nach. Allerdings
konnte sich dann die Bundesrepublik 1987 bei den Weltmeisterschaften 1987 in Rotterdam
(15.Platz) nicht für die Olympischen Spiele 1988 qualifizieren. Die beiden
Einzelstarterinnen Michaela Ustorf (79.) und Isabella von Lospichl (86.) blieben in Seoul
ohne Chance....
- Auch 1960 in Rom bestand die
Frauenturnriege innerhalb des gesamtdeutschen Olympia-Aufgebots nur aus DDR-Turnerinnen.
Erstmals platzierte sich mit Ingrid Föst (9.) eine deutsche Turnerin unter den Top Ten
des Mehrkampfes, die Mannschaft kam auf Rang 6.
1964 erkämpften sich "gesamtdeutsche Riege" - die erneut nur aus
DDR-Turnerinnen bestand - erstmals Mannschaftsbronze, die Berlinerin Birgit Radochla,
gemeinsam mit Larissa Latynina (URS) erstmals eine olympische Einzelmedaille (Silber,
Sprung).
Zwischen 1964 und 1988 gewannen deutsche Turnerinnen, ab
1968 nur noch mit den Riegen der DDR - 1x die Silbermedaille (München 1972) und 4x
Mannschaftsbronze.
Die Berlinerinnen Karin Janz
(1968, 1972) und Maxi Gnauck (1980) wurden
Olympiasiegerinnen.
Erst vor wenigen Wochen - im Juni 2000 - wurde Maxi Gnauck als erste
deutsche Turnerin der Geschichte in die "International
Hall of Fame" in Oklahoma/USA aufgenommen.
Insgesamt errangen DDR-Turnerinnen 16 olympische Einzelmedaillen - zuletzt Dagmar Kersten 1988 Silber am Stufenbarren - und
gehörten im Frauenturnen der siebziger und achtziger Jahre,neben der UdSSR und Rumänien
zum internationalen Spitzentrio der Turnnationen...
E.Herholz
(Quellen, Archiv Kluge) |