Reports
10-11-02


Simona Peitschewa (BUL) -
der Reifen rollte am Ende davon...

Spannender Kampf um die Mehrkampf-Medaillen

Alina Kabajewa war favorisiert, hatte die Qualifikation schon sehr deutlich gewonnen und führte auch heute von Beginn an die Konkurrenz deutlich an. Zwar hatte sie wieder ihren fast obligatorischen kleinen Fehler mit dem Reifen, aber das fiel angesichts des riesigen Punktabstand nicht ins Gewicht. Ob der Abstand zu Tamara Jerofejewa in dieser Höhe gerechtfertigt war, sei dahingestellt, die Reihenfolge der Platzierungen aber ist vollkommen in Ordnung und bestätigt auch die Leistungen der besten europäischen Gymnastinnen in dieser Saison. Dies sei in Erinnerung an die EM 2000 in Saragossa, als alle Welt von einer "Skandal-EM" wegen der Bewertungen sprach, positiv vermerkt, und es ist gut, dass es kaum noch Anlass gibt, dieses Thema zu erwähnen.

Auch wenn die stärkste Konkurrentin Kabajewas, ihre Teamgefährtin Irina Tschaschina, gar nicht am Start war: Die Leistung der 19jährigen Moskauerin bleibt außergewöhnlich - über 5 Jahre die dominierende Gymnastin zu bleiben, ist einmalig in der jüngeren Geschichte der Rhythmischen Sportgymnastik.


Anna Bessonowa (UKR) -
glücklich mit Bronze

Das Mehrkampffinale stand insgesamt auf hohem sportlichen Niveau, wobei die Übungen mit Keulen von Kabajewa, die Reifenübung Jerofejewas oder auch die Seilübung Bessonowas als außergewöhnliche Highlights in Erinnerung bleiben werden. Der spannende Kampf um die Bronzemedaille wurde ganz knapp entschieden, als der sonst so sicher agierenden Simona Peitschewa der Reifen am Ende ihrer Übung davonrollte. Auch wenn diesmal Anna Bessonowa etwas Glück zu haben schien, da sie trotz zweier Fehler Bronze gewann: Die beiden so unterschiedlichen Gymnastinnen werden sich wohl auch in Zukunft noch so manchen spannenden Kampf um Medaillen und Platzierugnen liefern - sehr zur Freude der Zuschauer in aller Welt.
Wie es überhaupt sehr erfreulich ist, dass in der unmittelbaren Weltspitze so unterschiedliche Stilrichtungen der RSG interpretiert werden. Die besten Gymnastinnen sind sehr unterschiedlich vom Typ und Interpretation - und dies trotz des schwierigen Reglements, was ihre Klasse noch unterstreicht.


Top-Leistungen der Top Ten

Es war heute nicht der beste Tag der Sarina Gisikowa - sie patzte im ersten Wettkampfteil mit beiden Handgeräten und wurde Fünfte - nicht der schlechteste, aber ein typisch russischer Einstand bei einer EM... Sie war erstmalig bei europäischen Titelkämpfen dabei und fährt mit einer Goldmedaille und dem 5. Mehrkampfrang nach Hause zurück.
Inna Shukowa (Weißrussland) auf Rang 6 hat sich - obwohl sie auch schon bei den WM in Madrid diese Platzierung hatte - sehr in der Ausstrahlung verbessert, ist eleganter, weicher geworden und verkörpert doch beste weißrussische Technikschule. Ihre Teamgefährtin Swetlana Rudalowa konnte sich als einzige aus der B-Gruppe noch nach vorn auf Platz 8 turnen - eine kleine Entschädigung für den vierten Platz im Mannschaftskampf, der enttäuschend war für die RSG-Nation Weißrussland.


Spanischer Wirbelwind:
Jennifer Colino wurde Zehnte

Machte von sich reden: Swetlana Rudalowa (BLR) auf Rang 8 >>>

Die Gastgeberinnen überzeugten auch im Einzel mit sehr ansprechenden Leistungen: Wirbelwind Jennifer Colino (10. !) riss das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin, die Grand Dame Almudena Cid Tostado, mit 22 Jahren auch zu den ältesten im Starterfeld zählend, wurde 7.und war einmal mehr eine Augenweide für alle, die die RSG mögen.


Bemerkenswert auch die Platzierungen der beiden Gymnastinnen aus Österreich. War schon die Qualifikation für dieses 26er Finale ein Riesenerfolg in den Augen von Trainerin Birgit Schielin, die man noch in guter Erinnerung als aktive Gymnastin hat, so sind es die Platzierungen umso mehr: Hanna Oberhofer wurde 21. und Caroline Weber 24. Kompliment an unsere Nachbarn, umso mehr, da wir aus deutscher Sicht gern auch Finalplatzierungen vermeldet hätten...

Auf Wiedersehen Granada - Willkommen in Riesa 2003

Nun gilt es, nach einer stimmungsvollen EM in Granada nach vorn zu schauen: die nächsten Europameisterschaften - Gruppen Erwachsene und Junioren, Einzelfinals der jeweils 16 besten Gymnastinnen pro Handgerät dieser EM - finden vom 04. bis 06. April 2003 in Riesa statt. Darauf dürfen sich die RSG-Fans in ganz Deutschland freuen, nicht nur wegen der zu erwartenden Weltspitze in allen Disziplinen, sondern auch, weil dann die neuformierte deutsche Gruppe wieder ins internationale GEschehen eingreifen will und weil der DTB als gastgebender Verband auch im Einzel einen Startplatz besetzen kann.

 

09-11-02



Das siegreiche russische Team mit
Utjaschewa (E), Kabajewa, Gisikowa, Sessina (v.l.)


Natalja Godunko trug zur
Silbermedaille der Ukraine bei

 

Mannschaftskampf: Favoritensieg und hohes sportliches Niveau

Tolle Stimmung am zweiten Tag der der Europameisterschaften in Granada: Mit spanischem Temperament begleiteten die Fans in der Halle die besten Gymnastinnen, die heute in der Startgruppe A um den Mannschaftstitel und die Qualifikation für das Einzelmehrkampffinale kämpften. Sie wurden mit ausgezeichneten Leistungen belohnt; die gesamte A-Gruppe bot hohes sportliches Niveau und eine sehr niedrige Fehlerquote. Zügige und im großen und ganzen faire Wertungen rundeten das Bild ab - insgesamt durchaus eine Werbung für die Rhythmische Sportgymnastik.

Der Sieg der russischen Mannschaft war erwartet und ungefährdet, trotz des Fehlens von Irina Tschaschina - allein die Wertungen für Superstar Alina Kabajewa lagen bis zu einem Punkt über denen der anderen Gymnastinnen. Bei insgesamt ausgezeichnetem sportlichen Niveau ist dennoch ihr Auftreten nicht mehr so spektakulär, ihre Aura so faszinierend wie in vergangenen Jahren. Mit dem Reifen hatte sie ihren schon fast obligatorischen Fehler - das Handgerät ist ein wahres Trauma nach dem alles entscheidenenden Gerätverlust bei den Olympischen Spielen in Sydney - turnte dennoch routiniert und mit der ihr eigenen Ausstrahlung zu Ende. Sie ist und bleibt außergewöhnlich mit ihrer Art der Interpretation, und alles andere als der Sieg morgen im Einzelmehrkampf wäre nach dem heutigen Auftreten eine Überraschung. Stark und sicher bis auf das letzte Gerät: Sarina Gisikowa, die durch ihr prägnantes Auftreten in der Grand Prix Serie international bekannt wurde, patzte in der letzten Übung des Wettkampfes mit den Keulen. Das gefährdete den überlegenen Sieg des Teams (sieben Punkte Vorsprung!) nicht mehr, trübte aber ihre persönliche Bilanz dieses Wettkampfs. Auch der sehr gute Seil-Vortrag von Vera Sessina trug zum russischen Erfolg bei.

Einen ganz hervorragenden Wettkampf turnte Weltmeisterin Tamara Jerofejewa - elegant, souverän, lupenrein in der Ausführung - ein mehr als gutes Omen für morgen; sie ist in Top-Form. Ihre Teamgefährtin Anna Bessonowa, die bei den letzten großen Turnieren oft besser abschnitt als Tamara hatte heute ihre Nerven zeitweilig nicht im Griff, konnte sich aber steigern. Am Ende reichte es für einen überzeugenen Silberrang für die beiden und ihre Teamgefährtin Natalja Godunko.

Bulgariens neuer Star Simona Peycheva und ihre jüngere Teamgefährtin Elisabeth Paissiewa schafften es am Ende auf den Bronzerang, und dass, obwohl sie allein kämpfen mussten und jede ihrer Übungen in die Mannschaftswertung einging. Kompliment den beiden, die schon im vergangenen Jahr der bulgarischen RSG zu neuem Glanz verhalfen. Simonas Ziel ist eine Medaille im morgigen Mehrkampf, und das sollte angesichts der heutigen Leistungen auch möglich sein.

Die "Verlierer" sind die Weißrussinnen, deren Ziel eine Medaille war, und die die silberne zu verteidigen hatten. Aber auch ohne den Riesen-Fehler von Elona Ossiadowskaja mit dem Ball wäre dies nicht gelungen. Für das ehrgeizige Team mit der WM-Sechsten Inna Shukova (sehr gut und im Ausdruck stark verbessert!) und der eleganten Swetlana Rudalova sicher eine Enttäuschung.


Elisabeth Paissiewa -
Bronze mit Simona Peitschewa


Katja Piesetzky (ISR)


Eleni Andriola (GRE)


Elona Ossiadowskaja (BLR)



Laura Zacchilli (ITA)

Einen starken Eindruck hinterließen die Griechinnen auf Rang 6 - hier wird im Hinblick auf die Olympischen Spiele sehr intensiv und mit sichtbarem Erfolg gearbeitet. Die spanischen Gymnastinnen landeten, wenn auch knapp, auf Rang 5, boten aber zu Hause eine sehr ansehenswerte Mischung aus charmanter Weiblichkeit (Almudena Cid Tostado) und jugendlicher Unbekümmertheit (Jennifer Colino), die das Publikum gebührend feierte.

Sehr schade, dass keine deutschen Gymnastinnen am Start waren. Lena Asmus, die mit Edita Schaufler bei den EM 2000 in Saragossa einen sensationellen 3. Platz mit der Mannschaft erreicht hatte, war heute Co-Kommentatorin bei Eurosport. Wie Edita hat sie inzwischen ihre aktive Laufbahn beendet, wurde beim Grand Prix Turnier in Berlin offiziell verabschiedet. Den Sprecher-Job erledigte sie gut, sympathisch und mit Fachkenntnis; und sie erinnerte sich ein wenig wehmütig der erfolgreichen Zeiten.
Von einem Bronzerang zu einer Nichtteilnahme, das ist ein bitterer Weg. Insofern kann es nur wieder besser werden, und die jungen deutschen Gymnastinnen zu Hause sehen mit Optimismus zu den nächsten EM. Die finden im April 2003 im eigenen Land, in Riesa (Sachsen), statt. Dort setzt man vor allem auf die neuformierte Gruppe, auf die jetzt alle Kräfte konzentriert werden.


Almudena Cid Tostado:
"Ich freue mich über Rang 5!"

 


Reports from former European Championships

European Championships 1999, Budapest (HUN)

European Championships 2000, Zaragoza (ESP)

European Championships 2001, Geneva (SUI)