Geschichte des Barrenturnens
Der Barren ist eindeutig eine Erfindung Friedrich Ludwig Jahns, der in seiner Berliner Hasenheide "drei Gestelle" aufrichtete, auf denen die Turner sich durch Stützeln und ähnliche Übungen die nötige Stützkraft für das Pferdturnen aneignen sollten. Also entstand der Barren zunächst als Trainingshilfsgerät; das spezielle Übungsgut war demzufolge anfangs noch sehr begrenzt. Der Barren war unverrückbar im Boden eingelassen.  Bald aber wurde es zu einem bevorzugten und selbständigen Gerät. Erste transportable Barren beschrieb 1819 der Spanier Amoros und baute der Berliner Apotheker Kluge.
Modernes Barrenturnen heute ähnelt durch große Schwünge und weiträumige Bewegungen in manchen Passagen gar dem Reckturnen, ist aber auch gekennzeichnet durch eine relativ konservative Abgangsgestaltung...  


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Von der Jahn'schen Trainingshilfe zum eigenständigen Wettkampfgerät

 
Der Barren ist eindeutig eine Erfindung Friedrich Ludwig Jahns, der in seiner Berliner Hasenheide "drei Gestelle" aufrichtete, auf denen die Turner sich durch Stützeln und ähnliche Übungen die nötige Stützkraft für das Pferdturnen aneignen sollten. Also entstand der Barren zunächst als Trainingshilfsgerät; das spezielle Übungsgut war demzufolge anfangs noch sehr begrenzt und diente vor allem Vorübungen des Voltigierens.
Ursprünglich war der Barren unverrückbar im Boden eingelassen (Abb. rechts). Etwa 30cm unter der Erdoberfläche war er mit einem Bohlenstück aus schwerfaulendem Holz, einem "Erdriegel" befestigt. Er besaß starre Holme, die nur kurz über die Pfosten hinaus ragten.

Bald aber wurde es zu einem bevorzugten und selbständigen Gerät. Erste transportable Barren beschrieb 1819 der Spanier Amoros und wurden durch den Schweizer Phokion Heinrich Clias (1782 - 1854) gebaut.

 

In Deutschland war es der Berliner Apotheker Hermann Otto Kluge, der den Barren (und auch das Reck) durch Hülsen verstellbar machte und mit denen er 1856 einen eigenen Turnsaal einrichtete.
Gepflegt wurden Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem die Stütz- und Stemmübungen, weniger das schwungvoll-dynamische Turnen.
Als es in der 2.Hälfte des 19. Jhd. eine generelle Leistungssteigerung des Turnens an den Geräten gab, löste das mancher Orten Kritik aus.

In Deutschland gipfelte dies im sogenannten "Barrenstreit".  Solche und ähnliche Kämpfe fanden z.B. auch in Belgien und Dänemark statt.
 
>>> Deutschland:
Der vor allem auf die Schwedische Gymnastik eingeschworene Preuße Major Hugo Rothstein - seines Zeichens Unterrichtsdirigent der königlich-preußischen Zentralturnanstalt in Berlin - ließ gar 1860 die Jahnschen Geräte Barren und Reck aus seiner Turnanstalt entfernen. Auch im amtlichen preußischen Lehrplan von 1862 fehlten beide Geräte. Dieser drei Jahre währende Streit wurde insbesondere durch das Eintreten des Physiologen Emil Du Bois Reymond und Rudolf Virchow (auch Euler, Angerstein) auf der Seite der Vertreter des deutschen Turnens zu dessen Gunsten entschieden. Die Geräte wurden 1863 wieder eingeführt.)
 

>>> In Dänemark z.B. 
- das übrigens über das älteste Schulturnen der Welt verfügt (seit 1801) - hier gründete der GutsMuths-Schüler Franz Nachtegall 1808 das zivile Gymnastische Institut in Kopenhagen: Schon 1814 waren in allen Knabenschulen das Turnen mit 3 Wochenstunden Pflichtfach (!!) - in Dänemark also, entbrannte ein dem Barrenstreit ähnliche Fehde in der Auseinandersetzung, als Rasmussen statt der bislang gepflegten GutsMuths'schen Turnauffassung das sog. Ling'sche Modell einführen wollte, das mehr dem anatomisch ausgerichteten Schwedischen Modell entsprach. In Dänemark sollte dieser Streit durch die Erstellung eines Handbuches 1889 geschlichtet werden, das aber erst 1899 fertig gestellt wurde, das das "Gute sowohl des dänischen als auch des schwedischen Turnens in sich vereinen sollte.

Das Barrenturnen dieser Jahre wurde bestimmt durch gestreckte Knie und Zehenspitzen (Berliner Schule), aber auch ein gelösteres, natürlicheres Turnen der "Leipziger Schule" war noch vergleichsweise wenig schwunghaft, so dass es wenig Impulse zur technischen Veränderungen des Gerätes gab. Kraftübungen waren noch bis in die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts üblich.
Beim "1.Internationalen Fest des Internationalen Turnerbundes " 1903 in Antwerpen war außer einer Kippe vom Hang in den Schwebestütz und einem Handstand aus dem Beugestütz noch kein Schwungteil gefordert. Auch die 2. Barrenpflichtübung enthielt außer einer Rolle rückwärts in den Handstand nur statische Elemente. 


Ausgrätschen, 1928
 
Einarmiger Handstand: Länderkampf Schweiz - Deutschland in Basel (Wagner / SUI)
 
Richard Reuther - der später die Geräteentwicklung revolutionierte

Als "besten Barren der Welt" bot 1909 der Dresdener Hermann Fechner im Jahrbuch der Turnkunst sein eisernes Gerät an. Dem folgte im selben Jahr das Chemnitzer Modell "Patent-Blitzschnell-Barren, Blizzard". An im wurde gerühmt: "Schnelle Verstellung. Von 5 zu 5 cm schnappt er selbständig ein". Handlichkeit, Festigkeit waren gefragt - von elastischen Eigenschaften war noch nicht die Rede.


Alfred Flatow, 1896

Der Barren war natürlich Bestandteil der Olympischen Spiele 1896 in Athen und zwar turnte man an ihm einen Barren-Gruppenwettbewerb nach Takt und Musik. Bester Einzelturner und damit erster Barren-Olympiasieger war der Deutsche Alfred Flatow.

1912 bei den Olympischen Spielen in Stockholm wurde zwar ein "gefälliger Barren" benutzt, aber noch immer bestanden die Übungen zumindest zur Hälfte aus - wenn auch zügigen - Kraftteilen.
Auch in den zwanziger Jahren gab es wenig Gerätveränderungen. Von Vereinheitlichung der Geräteigenschaften war selbst in den dreißiger Jahren nichts zu spüren. Bei jedem Wettkampf trafen die Turner auf unterschiedlichste Barren, mal mit starren oder mit durchgebogenen Holmen, mit schweren oder leichten Eisenteilen; was an dem einen Gerät gelang, war sportlich am anderen schier unmöglich....
 

Erst Anfang der fünfziger Jahre wurden Normen festgelegt. Noch in Helsinki 1952 aber gab es zahlreiche Holmenbrüche (auch am Stufenbarren), doch erst Mitte der Fünfziger stellte der Deutsche Richard Reuther einen "Mehrzweckbarren" mit elastischen Eigenschaften der Gesamtkonstruktion, nicht nur was die durch Vorspannung konstruktiv erhöhte Elastizität der Barrenholme betraf. "Das Gerät reagiert rhythmisch im Maße der Einwirkung", konnte man in Kritiken lesen. Der Holmenquerschnitt wechselte zur Tropfenform. In den 60er Jahren waren die Holme längst verleimt, die stärkere Belastung der Stufenbarrenholme führte dort zuerst zu Einlagen (seit 1963: Glasfiber), um Brüche zu verhindern.


Romero Neri, L.A. 1932
 
Sergej Diomodow (URS)
 
Eizo Kenmotsu (JPN)
 

Bart Connor (USA)
 
Erfinder Sven Tippelt (GDR/GER): Tippelt-Kontergrätsche
Barrenvirtuosen des 20. Jahrhunderts:

Romero Neri  
Olympiasieger 1932

Sergej Diomidow - Weltmeister 1966

Eizo Kenmotsu - 
Weltmeister 1974, 1978

Bart Connor 
Weltmeister 1979, Olympiasieger 1984

Sven Tippelt
WM-Dritter 1987, Olympiadritter 1988

J&F-WM- Gerät Gent 2001:


J&F-Champion-Barren, F.I.G.-diplomiert;
          Hochleistungs-Männerbarren mit hoher Standsicherheit,        
          ausgestattet u.a. mit einem patentierten 3-Punkt-Klemmverschluss un glasfaserverstärkter Schichtholzholme...
 
Bei den heutigen modernen Barrenmodellen im Spitzenbereich muss man sich schon wundern, wie trotz der Dynamik der Riesenfelgen, sogar Flugelementen oder den dynamischen Elementen im Seitverhalten, die Hochleistungsbarren ihre Stabilität nicht verlieren.

Dass heutzutage benutzungsfreundliche "Bedienungselemente", wie Höhen- oder Breitenverstellung oder auch  betreffs Aufbau oder Transport zum speziellen Gerätservice der Hersteller gehören, ist wohl selbstverständlich. Auch in dieser Beziehung wird den weltbesten Athleten in Gent aller erste Qualität geboten.

(E.Herholz/gymmedia)

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Sources/Quellen: "Der Vorturner", 1927/28; "Das Turnjahrhundert der Deutschen", Götze/Herholz: Beckmanns Sportlexikon A-Z, Leipzig, Wien 1933; "Deutsche Turnzeitung", 1901; "Neue deutsche Turnzeitung", 1961, J. Leirich; "Geschichte der Turngeräte", J. Göhler/R. Spieth; "Mondsalto", gymbooks Verlag 1994, A. Götze/J. Uhr; "FlickFlack...", Sportverlag Berlin, A .Götze/H.-J. Zeume; "The History of British Gymnastics", 1988 by BAGA.

 

 

 

 

 

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