|
|
In Deutschland war es der Berliner Apotheker Hermann
Otto Kluge, der den Barren (und auch das Reck) durch
Hülsen verstellbar machte und mit denen er 1856 einen
eigenen Turnsaal einrichtete. |
Gepflegt wurden Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem
die Stütz- und Stemmübungen, weniger das schwungvoll-dynamische
Turnen.
Als es in der 2.Hälfte des 19. Jhd. eine generelle Leistungssteigerung
des Turnens an den Geräten gab, löste das mancher Orten
Kritik aus. |
|
In Deutschland gipfelte dies im sogenannten "Barrenstreit".
Solche und ähnliche Kämpfe fanden z.B. auch in Belgien
und Dänemark statt. |
|
|
>>>
Deutschland:
Der vor allem auf die Schwedische Gymnastik eingeschworene Preuße
Major Hugo Rothstein - seines Zeichens Unterrichtsdirigent der
königlich-preußischen Zentralturnanstalt in Berlin - ließ gar
1860 die Jahnschen Geräte Barren und Reck aus seiner Turnanstalt
entfernen. Auch im amtlichen preußischen Lehrplan von 1862 fehlten
beide Geräte. Dieser drei Jahre währende Streit wurde insbesondere
durch das Eintreten des Physiologen Emil Du Bois Reymond und
Rudolf Virchow (auch Euler, Angerstein) auf der Seite der Vertreter
des deutschen Turnens zu dessen Gunsten entschieden. Die Geräte
wurden 1863 wieder eingeführt.) |
|
>>>
In Dänemark z.B.
- das übrigens über das älteste Schulturnen der Welt verfügt
(seit 1801) - hier gründete der GutsMuths-Schüler Franz Nachtegall
1808 das zivile Gymnastische Institut in Kopenhagen: Schon 1814
waren in allen Knabenschulen das Turnen mit 3 Wochenstunden
Pflichtfach (!!) - in Dänemark also, entbrannte ein dem Barrenstreit
ähnliche Fehde in der Auseinandersetzung, als Rasmussen statt
der bislang gepflegten GutsMuths'schen Turnauffassung das sog.
Ling'sche Modell einführen wollte, das mehr dem anatomisch ausgerichteten
Schwedischen Modell entsprach. In Dänemark sollte dieser Streit
durch die Erstellung eines Handbuches 1889 geschlichtet werden,
das aber erst 1899 fertig gestellt wurde, das das "Gute
sowohl des dänischen als auch des schwedischen Turnens
in sich vereinen sollte.
|
Das Barrenturnen dieser
Jahre wurde bestimmt durch gestreckte Knie und Zehenspitzen (Berliner
Schule), aber auch ein gelösteres, natürlicheres Turnen der "Leipziger
Schule" war noch vergleichsweise wenig schwunghaft, so dass es
wenig Impulse zur technischen Veränderungen des Gerätes gab. Kraftübungen
waren noch bis in die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts üblich.
Beim "1.Internationalen Fest des Internationalen Turnerbundes "
1903 in Antwerpen war außer einer Kippe vom Hang in den Schwebestütz
und einem Handstand aus dem Beugestütz noch kein Schwungteil gefordert.
Auch die 2. Barrenpflichtübung enthielt außer einer Rolle rückwärts
in den Handstand nur statische Elemente.
Ausgrätschen, 1928 |
|
Einarmiger Handstand: Länderkampf Schweiz - Deutschland in Basel
(Wagner / SUI) |
|
Richard Reuther - der später die Geräteentwicklung revolutionierte |
Als "besten
Barren der Welt" bot
1909 der Dresdener Hermann Fechner im Jahrbuch der Turnkunst
sein eisernes Gerät an. Dem folgte im selben Jahr das Chemnitzer Modell
"Patent-Blitzschnell-Barren, Blizzard". An im wurde gerühmt:
"Schnelle Verstellung. Von 5 zu 5 cm schnappt er selbständig ein".
Handlichkeit, Festigkeit waren gefragt - von elastischen Eigenschaften
war noch nicht die Rede.
Alfred Flatow, 1896
|
Der
Barren war natürlich Bestandteil der Olympischen Spiele 1896
in Athen und zwar turnte man an ihm einen Barren-Gruppenwettbewerb
nach Takt und Musik. Bester Einzelturner und damit erster Barren-Olympiasieger
war der Deutsche Alfred Flatow.
1912 bei den Olympischen Spielen in Stockholm wurde
zwar ein "gefälliger Barren" benutzt, aber noch immer
bestanden die Übungen zumindest zur Hälfte aus - wenn auch zügigen
- Kraftteilen.
Auch in den zwanziger Jahren gab es wenig Gerätveränderungen.
Von Vereinheitlichung der Geräteigenschaften war selbst in den
dreißiger Jahren nichts zu spüren. Bei jedem Wettkampf trafen
die Turner auf unterschiedlichste Barren, mal mit starren oder
mit durchgebogenen Holmen, mit schweren oder leichten Eisenteilen;
was an dem einen Gerät gelang, war sportlich am anderen schier
unmöglich.... |
|
Erst Anfang der fünfziger Jahre wurden
Normen festgelegt. Noch in Helsinki 1952 aber gab es zahlreiche
Holmenbrüche (auch am Stufenbarren), doch erst Mitte der Fünfziger stellte
der Deutsche Richard Reuther einen "Mehrzweckbarren" mit elastischen
Eigenschaften der Gesamtkonstruktion, nicht nur was die durch Vorspannung
konstruktiv erhöhte Elastizität der Barrenholme betraf. "Das Gerät
reagiert rhythmisch im Maße der Einwirkung", konnte man in Kritiken
lesen. Der Holmenquerschnitt wechselte zur Tropfenform. In den 60er
Jahren waren die Holme längst verleimt, die stärkere Belastung der Stufenbarrenholme
führte dort zuerst zu Einlagen (seit 1963: Glasfiber), um Brüche zu
verhindern.
Romero Neri, L.A. 1932 |
|
Sergej Diomodow (URS) |
|
Eizo Kenmotsu (JPN) |
Bart Connor (USA) |
|
Erfinder Sven Tippelt (GDR/GER): Tippelt-Kontergrätsche |
Barrenvirtuosen
des 20. Jahrhunderts:
Romero Neri
Olympiasieger 1932
Sergej Diomidow - Weltmeister 1966
Eizo Kenmotsu -
Weltmeister 1974, 1978
Bart Connor
Weltmeister 1979, Olympiasieger 1984
Sven Tippelt
WM-Dritter 1987, Olympiadritter 1988
|
J&F-WM-
Gerät Gent 2001:
J&F-Champion-Barren,
F.I.G.-diplomiert;
Hochleistungs-Männerbarren mit hoher Standsicherheit,
ausgestattet
u.a. mit einem patentierten 3-Punkt-Klemmverschluss un glasfaserverstärkter
Schichtholzholme... |
|
Bei den heutigen modernen Barrenmodellen
im Spitzenbereich muss man sich schon wundern, wie trotz der
Dynamik der Riesenfelgen, sogar Flugelementen oder den dynamischen
Elementen im Seitverhalten, die Hochleistungsbarren ihre Stabilität
nicht verlieren.
Dass heutzutage benutzungsfreundliche
"Bedienungselemente", wie Höhen- oder Breitenverstellung
oder auch betreffs Aufbau oder Transport zum speziellen
Gerätservice der Hersteller gehören, ist wohl selbstverständlich.
Auch in dieser Beziehung wird den weltbesten Athleten in Gent
aller erste Qualität geboten.
(E.Herholz/gymmedia)
|
Back to
NAVIGATION
|
Sources/Quellen:
"Der Vorturner", 1927/28; "Das Turnjahrhundert
der Deutschen", Götze/Herholz: Beckmanns Sportlexikon A-Z,
Leipzig, Wien 1933; "Deutsche Turnzeitung", 1901;
"Neue deutsche Turnzeitung", 1961, J. Leirich; "Geschichte
der Turngeräte", J. Göhler/R. Spieth; "Mondsalto",
gymbooks Verlag 1994, A. Götze/J. Uhr; "FlickFlack...",
Sportverlag Berlin, A .Götze/H.-J. Zeume; "The History
of British Gymnastics", 1988 by BAGA. |
|