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Kommentar zur WM  
- von Sonja Schmeißer
  
Der Versuch einer Antwort  

Sagen Sie mal, fragte der Reporter von Radio 100,6 am dritten Wettkampftag während einer Live-Sendung, was haben sie denn bloß gemacht,
dass die Leute in hellen Scharen kommen und so begeistert sind?
 


Weltmeisterin Witrischenko
Nach der WM überlegte ein Student per E-mail, warum man angesichts der in Berlin gezeigten Vorträge der Gymnastinnen überhaupt noch von einer Sportart spreche. Sei das nicht schon Kunst, so seine Frage, und müsse man eine derartig scharfe Trennung beispielsweise zwischen dem Ballett und der Rhythmischen Sportgymnastik denn überhaupt noch vornehmen? 
 
Es steckt wohl in der zweiten Frage ein Gutteil der Antwort auf die erste... 

Kunst oder Sport? Eine Frage, die während der Berliner WM-Tage auch nicht immer einfach zu beantworten war. Wer wollte angesichts der Übungen von Jelena Witritschenko, Natalja Lipkowskaja oder Magdalena Brzeska bezweifeln, dass sie mit künstlerischem Ausdruck vorgetragen wurden?
Und hat nicht sogar die Trägerin des Prix de l’Elégance, Natalja Lipkowskaja, am Joker-Abend den anderen ein wenig die Schau gestohlen?  



Jana Batyrschina (RUS)
Was fasziniert Model Nadja Auermann an dieser Sportart, dass sie sogar einen UNESCO-Termin in New York absagte, um Jurorin für den Preis zu werden?  

Warum waren nicht nur Schwimmerin Franzi van Almsick, Kanutin Birgit Fischer, Turner Andreas Wecker, im Publikum, sondern mit ihnen eine Menge "neuer" Zuschauer, die gemeinsam mit den gestandenen Fans eine unvergleichliche Stimmung in die Max-Schmeling-Halle brachten?
Was hat diese Sportart, dass die 80 Gymnastinnen von einst, die sechs Weltmeisterinnen unisono sagen, in irgendeiner Form würden sie ihrer Sportart wohl immer die Treue halten?
Es ist die Verbindung von Leistung und Eleganz, die Nähe zur Kunst, die einen großen Teil der Anziehungskraft der RSG ausmacht. Diesen Balanceakt zu beherrschen, stellt außergewöhnliche Anforderungen und bringt außergewöhnliche Persönlichkeiten hervor, die mehr können, als "nur" technisch perfekte Drehungen und Sprünge aneinanderzureihen.
Die Gymnastinnen selbst sind es, die so faszinierend sind; das ist in Berlin vielleicht erstmals derart verdeutlicht worden.
Das ist der erste Teil einer möglichen Antwort. 

Vielleicht ist es die größte Leistung der Organisatoren dieser 21. Weltmeisterschaften gewesen, daSS sie für diese Spezifik der RSG das richtige Gespür hatten. Sie haben versucht, als OK die riesigen Möglichkeiten der Sportart im Rahmen ihrer - oft recht engen - Vorgaben und finanziellen Engpässe zu nutzen.


Siegerehrung Mehrkampf
1. Witritschenko
2. Lipkowskaja
3. Batyrschina

Max-Schmeling-Halle

Es kommen nicht ganz von allein 20.000 Zuschauer und auch nicht unbedingt 340 Journalisten. Zumal es die Rhythmische Sportgymnastik in diesem Lande ohnehin schwer hat, sich herumzusprechen (noch mehr -zusehen...), da sie von den fußball- und damit finanzbesessenen Medienoberen zur Randsportart deklariert wurde.
Es haben sich einige Mitarbeiter in Berlin und in den Fachgremien in zwei Jahren viele konzeptionelle Gedanken gemacht, unter einer toleranten und engagierten Regie von OK-Präsident Hans-Jürgen Zacharias. Das kleine Team im Vorfeld und hunderte Mitarbeiter während der WM, deren Engagement und Einsatzbereitschaft gar nicht hoch genug gewürdigt werden können, haben diese langfristigen Konzepte in die gute Tat umgesetzt.
Dies ist der zweite Teil der Antwort.

Was bleibt, ist der Eindruck einer gelungenen WM, die Werbung war für die Rhythmische Sportgymnastik, für die Stadt Berlin, für den Deutschen und den Berliner Turnerbund und vor allem - für die Gymnastinnen, die sicher in Zukunft immer mehr Zuschauer in aller Welt in ihren Bann ziehen werden.

 

 

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