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20-Otober-2001:    Alina Kabajewa ist Weltmeisterin!  


English version

Alina Kabajewa heißt die alte und neue Weltmeisterin.

Die Top-Favoritin hat es geschafft und ihre Ausnahmestellung in der Welt der Gymnastinnen endgültig bewiesen. Nachdem im ersten Durchgang noch ihre Teamgefährtin Irina Tschaschina geführt hatte, bewies die 18jährige Kämpferqualitäten und sicherte sich den Titel souverän. 113,025 zu  109,750 Punkten  - so endete das Duell der beiden Russinnen schließlich.
Mit einem furiosen Schlussspurt, faktisch mit dem letzten Gerät verdrängte die Ukrainerin Tamara Jerofejewa noch die bislang auf dieser Position liegende Bulgarin Simona Peitschewa, noch auf den vierten Rang!

Kabajewa: " Ich habe sehr lange gebraucht, um das 'Sydney-Syndrom' zu verarbeiten. Aber es ist mir dank der Arbeit meiner Trainerinnen Irina Winer und Vera Shatalina schließlich gelungen."
Befragt nach der Zukunft: "... Zukunft...? Ich lebe vorwiegend in der Gegenwart!"

 Waren es am Nachmittag schon rund 3.000 Zuschauer, so füllte sich gegen Abend die Halle restlos, und über 4.000 Zuschauer sahen ein begeisterndes Finale der besten 15 Gymnastinnen dieser XXIV. Weltmeisterschaften. Wobei das Publikum mit seiner Begeisterung und dem unerschöpflichen Temperament einen gut Teil zur tollen Atmosphäre beitrug – so kann man sich ein WM-Finale nur wünschen!  

Wettkampfverlauf:

1. Durchgang:  
Furioser Auftakt von Irina Tschaschina mit dem Reifen >> (28,450), die keinen Zweifel an ihren Gold-Ambitionen ließ. Auch die beim Publikum so beliebte Bulgarin Simona Peitschewa zeigte angesichts der WM-Atmosphäre keine Nerven (Keulen 27,275), gefolgt von Tamara Jerofejewa, die sofort den Kampf um Platz 3 aufnahm ((Reifen 26,975.) Da konnte die mitfavorisierte Jelena Tkatschenko (Keulen 26,000) nicht mithalten. Dann kam Alina Kabajewa, und die Halle drohte zusammenzubrechen... Und was fast zu erwarten war: Sie zeigte Nerven, musste nach einem Fangfehler ihr Seil ordnen und hatte in der Folge weitere kleine Unsicherheiten – sie fiel um über einen halben Punkt hinter Tschaschina zurück!! Auch Anna Bessonowa (UKR, Reifen 26,300) startete mit Fehlern, so dass sich am Ende des ersten Durchgangs ein Viererteam im Medaillenkampf bildete:
>> Tschaschina vor Kabajewa, Peitschewa vor Jerofejewa.

2. Durchgang:
Tschaschina mit ihrer schwierigen Ballübung bot zumindest an zwei Stellen ihres Vortrags geringe Angriffsmöglichkeiten für die Kampfrichterinnen – und wurde sehr hart bestraft (nur 26,625). Den Ruf großer Strenge hat sich der Kampfrichterpool hier in Madrid schon erworben – bisher jedoch immer mit dem Zusatz: ... aber gerecht! Möge es so bleiben...

<< Simona Peitschewa mit ihrer ausgesprochen originellen Seilkür turnte wieder frisch und unbekümmert, blieb im Medaillenbereich (26,350). Ganz in weiß und mit wunderbarer Bewegungsweite zelebrierte Tamara Jerofejewa ihre Ballübung; allerdings auch sie nicht ganz ohne Fehler (26,375). Die WM ist eine nervenzehrende Angelegenheit... Tkatchenko konnte sich mit dem Seil nicht steigern und fällt zurück, für sie rückt später Bessonowa auf Rang 5 vor. Kabajewa mit dem ungeliebten Reifen, der ihr bei den Olympischen Spielen zum Verhängnis geworden war: Und wieder brachte er ihr kein Glück; mindestens drei Fehler waren für die Zuschauer sichtbar, und natürlich auch für die Kampfrichterinnen. 

Trotzdem bekam sie eine sehr hohe Note (28,375) – da die Jurorinnen nur ihre Wertungsvorschriften befolgten; und die lassen so etwas zu. Neuer Publikumsliebling ist die kleine Jennifer Colina, die herzerfrischend und mit spanischem Temperament das Publikum aus dem Häuschen geraten lässt. Tolle Vorstellung auch von Almudena Cid Tostado mit dem Seil nach einem der Modehits der Saison.
 
>> Neue Reihenfolge: Kabajewa vor Tschaschina, Peitschewa vor Jerofejewa.

3. Durchgang:
Alina Kabajewa kann kämpfen, und sie bewies es mit ihrer Ballübung; routiniert und mit dem ihr eigenen Charme turnte sie die Kür mit den schon berühmten Eigenkreationen – 28,250 Punkte sicherten ihr die Führung. Die sonst so elegante und leicht agierende Anna Bessonowa scheint völlig neben sich zu stehen und hat mit ganzen Fehlerketten zu kämpfen...
Irina Tschaschina gibt sich nicht geschlagen: Ein Feuerwerk nach spanischer Gitarrenmusik zaubert sie mit den Keulen, fällt einmal aus Drehung und bekommt 27,825 Punkte. Das festigt ihren zweiten Platz, macht den ersten nun aber schon fast aussichtslos. Nächstes Feuerwerk von dem Mädchen ohne Nerven, die selbst die spektakulärste Passage voll auf Risiko turnt: Simona Peitschewa mit dem Reifen (26,975) – Bronze rückt in ganz greifbare Nähe.


Alina Kabajewa, Reifen

 Doch auch Tamara Jerofejewa ist eine Kämpfernatur. Ganz in rot, zeigt sie ihre Keulenübung mit „Slow-Motion“ Drehungen, die nur sie so schön beherrscht. Doch sie bleibt deutlich auf Rang 4.

>> Reihenfolge nach drei Übungen: Kabajewa vor Tschaschina, Peitschewa vor Jerofejewa.

 4. Durchgang:
Kabajewa musste schon als Dritte des Durchgangs auf den Teppich
, und sie machte mit der Keulenübung alles klar: Jetzt hatte das Publikum nicht nur die amtierende, sondern auch die neue Weltmeisterin gesehen. Schon ein wenig auf Sicherheit bedacht, spielte sie dennoch charmant ihr ganzes Können aus und bestätigte, welche Ausnahmegymnastin sie derzeit ist. 28,550 Punkte – das war’s!
Zumal Irina Tschaschina dann mit dem Seil doch noch Nerven zeigte und nicht mit der gewohnten Souveränität turnte – 26,850. Aber sie ist eine so tolle Silbermedaillengewinnerin, und dem russischen Verband kann man zu zwei solchen Ausnahmeathletinnen nur gratulieren!

Dann schien alles sicher für die sympathische Simona Peitschewa, den Shooting-Star dieser Saison, für ihren dritten Platz – ihre Übung war gut, aber wie sich erwies, nicht gut genug. Denn die letzte Starterin dieses begeisternden Finals kippte die Sache – Tamara Jerofejewa gewann doch noch Bronze. Mit Routine, großem Kampfgeist und großem Können zeigte sie ihre Seilübung, bekam 27,125 Punkte – und gewann Bronze mit ganzen 0,75 Punkten Vorsprung. Worüber sie sich bei der Siegerehrung mindestens ebenso freute wie Alina über Gold...

„Gemischtes“ Finale
Nur fünf Gymnastinnen des Mehrkampffinals der WM 1999 von Osaka standen auch im Madrid im Kampf um WM-Gold. Titelverteidigerin Alina Kabajewa, Tamara Jerofejewa (UKR), Almudena Cid Tostada vom Verband der Gastgeber, Ephmorphia Dona (GRE) und Laura Zacchili (ITA). Das spricht für die Qualitäten dieser Gymnastinnen, zeugt andererseits von der Schnelllebigkeit der Sportart. Von diesen beiden Komponenten war dieser Mehrkampf auch geprägt – der Erfahrung, Routine und Weiblichkeit der eben genannten standen Premierenfieber und Erfolgswillen vieler sehr junger Gymnastinnen gegenüber, die sich langfristig auf die Olympischen Spiele 2004 vorbereiten. Zu ihnen gehört Olga Lukjanov, oder auch die Spanierin Jennifer Colina (übrigens ein Schützling von Nina Witritschenko), Olga Gusartschuk aus Lettland und vor allem die Bulgarin Elisabeth Paissieva, die als jüngste WM-Starterin 7. (!) des Klassements wurde und am Sonntag dreimal im Finale steht!

Das war nicht Olgas Tag...
Am Nachmittag hatte zunächst die Gruppe B (Qualifikationsplätze 16 – 30) ihren Wettkampf gezeigt.
Mit dem Erfolg von Hannah McKibbin in der B-Gruppe machten die Britinnen noch einmal nachdrücklich auf sich aufmerksam: Bereits im Mannschaftskampf waren sie 10. geworden (1999 Platz 32!!), und die 16jährige Hannah hat alle Voraussetzungen, in Zukunft noch weiter nach vorn zu kommen (sie wurde am Ende ). Die bulgarische Trainerin Nadia Alexandrova betreut seit zwei Jahren die britischen Gymnastinnen; doch das allein genügt noch nicht, um solche Qualitätssprünge zu machen, wie man ja auch in Deutschland weiß...
Olga Lukjanov begann gut, wurde für ihre poppige Seil-Übung mit viel Beifall bedacht und war nach dem ersten Durchgang Zehntbeste. Pech hatte sie mit ihrer interessanten, neuen Reifenübung: Buchstäblich in letzter Sekunde landete der Reifen auf ihrer Fußspitze und rollte davon... Die Ballübung war auch nicht sehr überzeugend, so dass sie nach dem 3. Durchgang auf dem vorletzten Platz lag, und daran konnte auch ihre Keulenübung (mit Keulenverlust) nicht mehr viel ändern – am Ende wurde Olga 13. der B-Gruppe und 28.des Gesamtklassements.. 
Die Qualitäten des RSG-begeisterten Publikums in Madrid – übrigens eine spanische Hochburg der Sportart – zeigte sich einmal mehr, als bei der Seilübung der Slowenin Dusica Jeremic plötzlich die Musik ausfiel: Mit rhythmischem Klatschen, Trampeln und Beifall trugen sie Dusica förmlich über den Rest der Übung, die sie souverän beendete und mit wahrlich weltmeisterlichem Beifall belohnt wurde.

Ein Reglement, das stört
Man kann nicht umhin, nach diesem Mehrkampffinale wiederum das misslungene, derzeit gültige Reglement anzusprechen. Offensichtlich ist der enorme Rückgang der Beteiligung an der WM (von den Absagen, die durch die politische Situation entstanden, abgesehen) darauf  zurückzuführen. Was schon mehrfach gesagt wurde, aber in Madrid wieder deutlich zu sehen war: Die Schönheit der Sportart hat gelitten, viele Gymnastinnen sind sichtlich überfordert und die Vielfalt der Stile, der Kolorit der verschiedenen Länder und Traditionen, gehen ganz verloren. Was könnten auch Gymnastinnen wie Anahi Sosa aus Argentinien über ihr Land „erzählen“ in ihren Übungen (sie schafft es trotz Reglement noch bewundernswert...), was die Chinesin Minhong Zhu (mit toller Reifenübung, die 22,475 Punkte dafür waren die Höchstnote der gesamten B-Gruppe!) oder die Georgierin Vanda Kereselidze – wenn man sie denn ließe...! Lediglich die fünf, sechs Gymnastinnen an der Spitze können die Anforderungen des Reglements so bewältigen, dass es zumindest manchmal nicht nach Anstrengung aussieht.
So ist denn die sportliche Vielfalt dieser ansonsten schönen WM dem Code de pointage zum Opfer gefallen.

(Aus Madrid: Sonja Schmeißer, Text und Dirk Zimmermann, Fotos)

FIG: Offizielle Mitteilung

Eine rote, drei gelbe ! Madrid, 21. Oktober 2001

Nach den Mehrkampffinalen der Weltmeisterschaften in der Rhythmischen Sportgymnastik in Madrid hat der Internationale Turnverband FIG Sanktionen gegen einige Kampfrichterinnen verhängt.                                   

 
  











Madrid, 21st October 2001:
OFFIZIELLE F.I.G.-MITTEILUNG:

Eine Rote - drei Gelbe  !!  
Nach den Mehrkampffinalen der Weltmeisterschaften in der Rhythmischen Sportgymnastik in Madrid hat der Internationale Turnverband
 die Kampfrichterin Tatyana Litovko (UKR) wegen ernster Wertungsfehler aus dem FIG Kampfrichterring ausgeschlossen.
Weiterhin hat die FIG 
Giurka Gancheva (BUL) und Betty Lhoste (FRA) gelbe Karten erteilt.

Das Technische Komitee, mit der Vorsitzenden Egle Abruzzini (ITA), überprüfte alle Wertungen für Tamara Jerofejewa (UKR), auf dem dritten Rang, und Simona Peycheva (BUL), auf dem vierten Rang, und stellte schwerwiegende Wertungsfehler fest.
Das Technische Komitee erteilte auch
Heather Richards (GBR) eine gelbe Karte.

Vor kurzem wurde von der FIG eine neue Kampfrichterstruktur eingeführt, wobei ein FIG-Kampfrichterring mit den weltbesten 16 künstlerischen, 16 technischen und 24 Ausführungskampfrichtern gebildet wird.

Bis zum Ende dieses Olympischen Zyklus ist es nur diesen qualifizierten Kampfrichtern erlaubt, bei FIG-Veranstaltungen zu werten. Bei Erteilung einer roten Karte erfolgt sofortiger Ausschluss aus dem Kampfrichterring.
Die gelbe Karte bedeutet eine ernst zu nehmende Warnung, eine zweite gelbe Karte ist automatisch eine rote. Da die Maßnahmen während der Weltmeisterschaften ergriffen wurden, haben die betroffenen Kampfrichterinnen das Recht, bei der Berufungsjury dieser Weltmeisterschaften Berufung einzulegen.

Die gegen die drei Kampfrichterinnen ergriffenen Maßnahmen wurden vom Kampfrichterforum begrüßt. 
Mit Ausnahme der oben genannten Fälle, zeigten die in Madrid anwesenden Kampfrichter Professionalität, was beweist, dass das neue System der FIG funktioniert und gleiche Chancen für alle sowie ethische Grundsätze respektiert. Auf diese Einstellung sind die FIG sowie ihr Präsiden Bruno Grandi stolz. Die beispielhaften Maßnahmen zeigen den Willen der FIG, gegen parteiische Wertungen und Korruption der Kampfrichter vorzugehen und bestärken ihren Willen, gleiche Chancen für alle sowie ethische Grundsätze zum Wohle der Gymnastinnen zu gewährleisten. (Quelle: FIG)

 

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