... nur Zweite Liga? Natürlich nicht, denn da handelt es sich insgesamt um eine der schwersten Krisen dieser Sportart überhaupt im Lande, vor allem deswegen, weil man das in dessen Führungsetagen scheinbar noch immer nicht so sieht. Dieser negative Superlativ ist vor allem deshalb nicht übertrieben, weil es dem Deutschen Turner-Bund seit der Wende nicht gelungen ist, die eingebrachten internationalen Spitzenposition der Ostdeutschen in der Landschaft des wiedervereinten Deutschlands dauerhaft zu etablieren, im Gegenteil: Deutsches Kunstturnen hat inzwischen historische Leistungstiefststände erreicht, spielt in der Sportberichterstattung eine kaum noch wahrnehmbare Rolle (Deutschlands zweitgrößter Sportverband rangiert nach letzten Analysen bei DPA an 25. Stelle), findet in den elektronischen Medien kaum noch statt.
Verschärft wird die Situation aber vor allem dadurch, dass es für den Spitzensport des DTB weder entsprechende professionelle Strukturen, noch entsprechend qualifizierte Funktionsträger gibt, die die komplexen und langfristigen Prozesse vom Kindesalter bis in Hochleistungsphasen entscheidend beinflussen, im Gegenteil:
Dieser weltgrößte Turnverband muss sich nämlich dann den Vorwurf eines 'Volksbelustigungsverband' gefallen lassen, wenn er bei weiterem Verfall seiner Wettkampfsport treibenden Eliten immer weiter weg von einem Sportverband und immer mehr hin zu einem Freizeit- Wellness- und Erholungssportverein mutiert!
Mit Verlaub: Niemand zweifelt den gesellschaftlichen Wert der knapp 5 Millionen Freizeitsporttreibenden in den 20.000 deutschen Turnvereinen an, niemand wolle um Himmelswillen dort etwas reduzieren, im Gegenteil, sondern es seien gerade deshalb die Fragen gestattet
- warum dieser Riesenverband
gerade deswegen nicht ebenso eine international erfolgreiche Elite herausbilden kann oder soll,
- warum er sich nicht seinen zweifellos teuren, weil wertvollen (!) Leistungssport von ganz unten bis ganz oben selbst organisiert, mit der Konsequenz, ihn aber auch selbst finanzieren zu müssen, besser: zu wollen!
Und da steht sie wieder, die Frage nach dem
1 EURO pro Mitglied und Jahr für eine gewollte Trendwende hin zu einer machbaren Finanzierung des Spitzen- und Wettkampfsports! Niemand glaubt oder wagt sie aber innerhalb des DTB ernsthaft stellen zu können. Man hat Angst vor Mitgliederschwund und Protesten an der Basis: Was geht uns der Spitzensport an? Mit solch einer weitverbreiteten Grundhaltung in den meisten Vereinen, und mit diesem Grundtenor lässt es sich in den Führungsetagen des DTB scheinbar schon jahrzehntelang bestens leben, aber wie lange noch, wie die desaströsen Ergebnisse der letzten Jahre bei den Großereignissen, und wie eben das jüngste Leverkusener Beispiel zeigen...? Keine Leistung - keine Stars - keine öffentliche Wahrnehmung - keine Sponsoren - kein Geld
'Nebelkerze' Brechtken...? Diesen Teufelskreis hat DTB-Chef
Rainer Brechtken längst erkannt:
'Wenn wir den Spitzensport im DTB nicht zum Kernstück unserer Arbeit machen, ... dann werden wir künftig nicht mehr wahr-, ja sogar nicht mehr ernst genommen.!' Wie wahr, Herr Brechtken und überhaupt: Noch nie hatte das deutsche Turnen einen solchen Präsidenten mit solchen und anderen klugen Aussagen in diesem Zusammenhang.
Aber Rainer Brechtken droht zur 'Nebelkerze' zu werden, wenn ihm ausser solchen Sprüchen keine grundsätzlichen Veränderungen in der Struktur der Ansichten und des Handelns in seinem hauptamtlichen Apparat in der Frankfurter DTB-Zentrale gelingen.
Denn eben haben deutsche Sportfunktionäre im Sinne des Brechtkenspruches gehandelt: Kunstturnen muss man nicht unbedingt ernst nehmen, setzen wir es doch einfach ab.....!
Nun ist er gar selbst kommissarisch verantwortlicher 'Vize' für Spitzensport und organisiert derzeit die 'Konzentration' aller Bemühungen auf das Machbare...
Nun konzentriere man mal dort, wo nicht viel vorhanden ist. So wie auch in der Mathematik: Bei einer Multiplikation mit Faktor 0 oder 1 kommt da nicht mehr heraus.
Unverständlich bleibt, wie nun immerhin im dritten Jahr nach Amtsantritt unter der Leitung eines solchen gewieften Politikers wie Rainer Brechtken
- einer der im Leistungssport erfolglosesten Apparate in einem Sportverband so lange existieren kann,
- wie ein dafür hauptverantwortlicher Generalsekretär
Hans-Peter Wullenweber über ein Jahrzehnt unangefochten im Manager-Amte verbleibt, ohne entsprechende Managerqualitäten bzw. Ergebnisse nachzuweisen - welcher Wirtschaftskonzern, könnte sich das leisten - und
- auch 15 Monate vor Olympia kaum oder keine optimistischen Zeichen von Veränderungen erkennbar sind, obwohl die warnenden Stimmen bereits seit nunmehr fast sieben Jahren angesichts seines 'tanzenden Vorgängers' Jürgen Dieckert unter der 'goldenen' Reckstange des Andreas Wecker im Georgia Dome erhoben wurden... !
.... ewige deutsche Turn-Rätsel.
(- vgl. 'Offener Brief' an den damaligen DTB-Präsidenten Prof.Dr. Jürgen Dieckert
'Vom WIR-Gefühl - oder: Der Präsident tanzt!' Oder wird - nach den Bauernopfern des vergangenen Jahres (Vize-Präsident Eduard Friedrich, Bundestrainer Rainer Hanschke) - das böse Erwachen erst beim Eintreten des schlimmsten aller Fälle, dem Nichtqualifizieren für Olympia zur WM im August in Anaheim, erfolgen?
Zurück zum aktuellen Fall Leverkusen: Nur 2. Liga...?
Nein, Herr Brechtken - wir werden inzwischen tatsächlich nicht mehr ernst genommen!
Eckhard Herholz