Seniors, Team Entscheidung

Engl 

  Russland und Ukraine im Fernduell mit Rumänien
Ganz Holland trug orange, hatte gute Laune – und feierte ... !
Am „Königinnen-Tag“ - dem niederländischen Nationalfeiertag - kann man in der Innenstadt vor lauter begeisterten – vor allem jugendlichen – Menschen kaum einen Fuß vor den anderen setzen. 

In der gut besuchten RAI-Arena ist die Grundfarbe natürlich ebenfalls orange, die Stimmung auch festlich, zumal in der letzten, der entscheidenden Gruppe, am Abend auch die holländischen Turnerinnen starten.

Bleibt die Frage, ob sie den hohen Erwartungen entsprechen können (Vize-Europameister 2002)  und ob die favorisierten Russinnen die Vorgabe der Rumäninnen aus der ersten Gruppe überbieten werden...

Das russische Team setzte ausschließlich auf seine drei Stars Anna Pawlowa, Elena Samolodschikowa und Swetlana Chorkina,  die jeweils einen kompletten Vierkampf turnten.


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Grazie Chorkina

Im Fernduell mit Rumänien,  
das in der ersten Vormittagsgruppe ein phantastisches Teamresultat von 112,772 vorgelegt hatte, startete Russland zunächst am Sprunggerät mit 0,4 Punkten besser als ihre ärgsten Konkurrentinnen: 28,587 : 28,174, doch die Damen aus der Ukraine erwischten zunächst am Stufenbarren den perfektesten Start von allen:

Daniela Safronie>>
beste Rumänin

Erst legte Alina Kositsch 9,500 Punkte vor, dann verbesserte Irina Jarotska auf 9,512 und Irina Krasnynska steigerte gar auf 9,575, mit 28,587, dem höchsten Geräteresultat, stand somit die Ukraine vor Russland und und mit 0,7 Punkten vor Rumänien an der Spitze nach dem ersten Durchgang

2. Durchgang:
Elena Samolodschikowa
begann mit originellem Rondat-Angang über den unteren Holm und wechselte mit einer neuen Verbindung zum oberen Holm; Ausgangswert 9,7, aber nur 8,825 Punkte.
Dann erfolgte der erste Einbruch bei den Russinnen: Nach schönem Beginn mit Riesenfelgen und sauberen Handstandverbindungen stürzte Anna Pawlowa beim Versuch, ihren Jägersalto voll auszuturnen - der restliche Ausgangswert ergab am Ende nur magere 8,225 Punkte und einen herben Teamverlust von mindestens einem Punkt - immer eingedenk der Tatsache, dass die Rumäninnen am Vormittag ein sehr konzentriertes und so gut wie fehlerloses Team waren...!
Swetlana Chorkina konnte dann mit gewohnt technischer Brillanz und einer 10er-Übung (9,687) wieder ein wenig gegensteuern und rettete gerade noch mit einem Zehntel Vorsprung vor der Ukraine die zwischenzeitlich zweite Position hinter den um fast einen Punkt enteilten Rumäninnen - und das, obwohl die Ukraine am Balken einen unfreiwilligen Abgang von Irina Jarotska (8,987) und einen verstolperten Abgang von Krasnynska zu verkraften hatte.

Zwischen drin immer wieder Jubel des "Oranje-Publikums" in einer fast vollen Halle und mit 27,437 (Sprung) und 25,811 (Stufenbarren) lagen die Gastgeberinnen voll im Erwartungsbereich, auch wenn ihnen die großen Stars der letzten Jahre wie Verona van de Leur oder die nur an drei Geräten startende Suzanne Harms mit vollem Mehrkampfeinsatz fehlten.

<< Der langjährige Vater der niederländischen Erfolge, der Ex-Russe Boris Orlow

3. Durchgang:
Während "Diwa Chorkina" am Balken glänze, musste eine verzweifelte Anna Pawlowa vor allem psychisch aber auch physisch einen schmerzhaften Sturz am Balken verkraften.
Ukraine am Boden:
Irina Yarotska: Twist Salto vw, 2. Reihe Dreifachmühle übertreten, turnt insgesamt etwas verhalten, Abgangsreihe mit gestandener Dreifachmühle; 9,212;
Alina Kositsch: Angang mit Salto – Salto vw.; 2. Reihe mit Schraubenkombination, 3. Reihe mit Schraube als Abgang, turnt temperamentvoll, sauber, kommt gut an; 9,075;
Alona Kwascha beginnt mit Vorwärts-Kombination, 2. Reihe TS- Doppelsalto rw. gebückt; 3. Doppelschraube – Salto vw.; Abgang sicherer Tsukahara – vollgepackte und doch sehr temperamentvolle und ansehnliche Übung! 9,237;
Niederlande am Balken:
Die Halle hält den Atem an, als Loes Linders das Balkenende mit Spreizsalto auf den Millimeter erwischt, doch muss sie kurz darauf nach einem Salto doch abgehen;
Suzanne Harmes: Muss einmal mit der Hand aufgreifen, um zu retten, mehrere Wackler, aber ganz sichere Dreifachschraube in den Stand;
Die Ukraine zieht also vor dem letzten Durchgang wieder an den Russinnen vorbei auf Rang zwei. Dies die Konstellation vor dem letzten und wahrhaft entscheidenden Durchgang:
1. ROM 84,598;   2. UKR 83,460;   RUS 82,848 .... der Medaillenkampf im Fernduell spitzte sich zu!

4. Durchgang:
Russland am Boden:
Anna Pawlowa_1. Reihe hoher Tsukahara, danach gleich 2. Reihe mit Dreifachmühle, sicher, schöne hohe Sprünge, 3. Reihe Salto rw. gestreckt, eineinhalb; Schluss Doppelsalto gebückt, nicht ganz sicherer Stand – temperamentvoller Vortrag mit sichtlicher Konzentration auf die Schwierigkeiten; 9,200;
Elena Samolodschikowa: 1. Reihe hoher gestreckter Doppelsalto, 2. Tsukahara, 3. TS – Doppelmühle, Abgang Doppelsalto gebückt – alles recht sicher, aber keine flüssige Übung, sehr konzentriert auf die Sprungreihen; 9,175;
Swetlana Chorkina: 1. Temposalto, Dreifachschraube, sicher. Das ist Turnen der etwas anderen Art – die Zuschauer klatschen mit bei ihrer Olympia-Melodie: "Good by Athen, good by .." – was soll uns das sagen...? Sie hat weniger Schwierigkeiten in der Übung als die anderen – aber ihr Ausdruck ist toll, und als das Publikum mitgeht, da lächelt sie zum ersten Mal heute. 9,200 für diese Show; 
27,575 für das Team am Boden

Ukraine – Sprung:
Alina Kositsch:  Rondat, Salto rw. gestreckt, eineinhalb – ganz sicher; 9,275;
Olga Scherbatich: - Rondat, Salto rw. gestreckt 1/1 – ziemlich großer Schritt; 9,300; 

Niederlande am Boden:
Loes Linders mit Feuerwerk uns sehr hohen Sprungreihen, klasse Vorstellung – Top-Abgang mit Doppelsalto gebückt, die Halle tobt;
Evi Neijssen: hoher Doppelsalto Angang, gleich 2. Reihe mit Salto rw. eineinhalb – auch sie tanzt Sirtaki... , 3. Reihe mit zweieinhalb Schraube, dann verlässt sie ein wenig die Kraft; sie strauchelt beim Abgang mit Dreifachmühle;
Suzanne Harmes: 1. Reihe Tsukahara, 2. Schraubenkombination; 3. Salto rw. eineinhalb gestreckt, Schluss mit Salto vw. gestreckt – Übung mit Power und Temperament, richtig was für die Zuschauer;  - 26,347 am Boden für das Team Rang 8. am Ende für die Gastgeber


Nathalie Blettermann NED

 

... vor der letzten und entscheidenden Gruppe 
  
.... war nach dem 3. Durchgang sowohl Griechenland als auch die Schweiz an Deutschland vorbei gezogen. Es führten weiter Rumänien vor Spanien ... Deutschland momentan auf Rang 5 -
die besten 8 Nationen der letzten EM starteten jedoch ab 19.00 Uhr in der Europahalle zu Amsterdam:

1. ROM 112,772    2. ESP 107,497  3. GRE 103,296
4. SUI 102,584   5. GER 102,386;   6. CZE 102,135;
7. BEL 101,784......>> Team-Resultate 


.... nach der 1. GRUPPE:
Rumänien führt - Spanien mit Steigerung - Deutschland enttäuschend!

Ungewöhnlich, diese erste Startgruppe für Rumänien, aber ohne Teilnahme zur letzten EM in Patras 2002 wurden sie reglementsgerecht in diese Vormittagsgruppe gemeinsam mit den Spanierinnen (- ebenfalls nicht in Patras dabei), mit Finnland und Deutschland gesetzt.
Von Anfang an trat da ein möglicher Top-Aspirant auf den Titel auf:
Gestartet am Stufenbarren, machten sie in Folge kaum einen größeren Fehler und erreichten mit 112,772 Punkten auch ein Top-Resultat. Dabei beeindruckte besonders Catalina Ponor am Balken mit 10er-Ausgangswert und der bisherigen Höchstnote von 9,700 Punkten und war auch Beste am Boden (10,0) mit 9,662. Einzig Daniela Safronie aber machte einen vollen Mehrkampf und steht auch momentan an der Spitze mit 37,524 Punkte.


Moreno - Pech am Boden

>> Spanien startete unglücklich am Balken - keine Wertung über 8,900 Punkte und 3,4 Punkte schlechter als das dominierende Spitzenteam Rumänien (28,824), das hier den Höchstwert setzte.
Trotz einer Ex-Weltmeisterin Elena Gomez am Boden (10,0 AW und 9,562) blieben sie hier ebenfalls unter ihren Möglichkeiten:
<< Patricia Moreno - zwar elegant und ausdrucksstark - fasste aber beim Doppelsalto gebückt nach 2 Temposalti auf und landete ihre 2 1/2-Schraube am Ende im Sitz und erhielt nur 8,087 Punkte.

Zu diesem Zeitpunkt lagen sie gar noch hinter Deutschland auf Rang drei.
Danach allerdings fingen sie sich:
Sprung endete mit 27,312 wieder im Erwartungsbereich (Rang 2) und das beste Resultat erreichten sie am Stufenbarren mit 28,187 Punkten wo Sara Moro mit 9,375 begann und Elena Gomez und Tania Gener je 9,400 Punkte hinzufügen konnten.

Den denkbar schlechtesten Start jedoch hatte Deutschland am Morgen....

Als Allererste der Konkurrenz stand die Kölnerin Daria Bijak vor dem Sprunggerät. Schon rein optisch machte sie auf den Betrachter nicht den Eindruck eines Top-Trainingszustandes. Prompt landete ihr Überschlag, Salto vw. gestreckt mit viel zuwenig Drehimpuls aus dem Stütz heraus und dadurch fehlender Breitenachsendrehung steifbeinig im Sitz und führte zu einer äußerst schmerzhaften Überstreckung in den Kniegelenken  - das frühe Aus für sie im Wettbewerb, wo sie eigentlich noch am Balken eingeplant war. 


Daria Bijak: Gute Besserung...!

Lisa Brüggemanns erster Rondatsprung-1/2-Drehung-Überschlag mit 1/2-Dr und Salto rw. gestreckt (9.8) brachte 9,175 Punkte fürs Teamresultat. Ihr zweiter Versuch (Überschlag, Salto, 1/2 Dr.) war weder schwierig noch ausgiebig genug, und ließ kaum Abdruck im Stütz erkennen.
Yvonne Musik steigerte sich dann mit "Luconi" (9,7)  9,287, und Deutschland lag überraschend nach dem ersten Gerät vor den Spanierinnen ...siehe oben. Zu diesem Zeitpunkt wusste Yvonne noch nicht, was ihre Sprungwertung am Ende wert war....


Musik, Gunne: Nervosität im Team....

Am Stufenbarren begann Yvonne Musik mit Handstand, dann Felge mit Wechsel zum oberen Holm... turnte den Gienger-Salto verhalten und auf Sicherheit... stand nach 2 Riesenfelgen ihren Salto-gehockt mit 1/2-Dr. gut, mit nur 1 kleinen Schritt rw. - gute Startübung (9,8) - und erhielt 9,00 Punkte.

EM-Neuling Heike Gunne starte mit guten Handstanddrehungen, dann fehlte allerdings der Giengersalto .... und sie endete mit ihrem Tsukahara- gehockt - die 9,4 Ausgangswert brachten so aber nur 8,350 Punkte.

Lisa Brüggemann erreichte beim ersten Sprung nicht die Handstandphase am unteren Holm, dann aber kam der Jägersalto gut, kam mit durchgängigen Spannungsproblemen aber bis zum Abgang Tsukahara geh. durch und zum Stand -  und erhielt für 9,9 AW am Ende 9,15 Punkte.
Trotzdem ist besonders an diesem Gerät der große Abstand des deutschen Frauenturnens aus technischer Sicht und aus Sicht der konditionellen und koordinativen Möglichkeiten am allerdeutlichsten!
Soweit so gut. 
Was dann folgte war ein ziemliches Desaster und kann nicht mehr mit dem Verletzungschock vom ersten Gerät erklärt werden:
Am Balken stieg Heike Gunne nach technisch schlechtem gymnastischen Spreizsprung mit ganzer Drehung ab, musste ihren Hocksalto vw. korrigieren und erhielt für eine inhaltlich magere Übung (9,0) nur 7,812 Punkte.
Yvonne Musik starte mit Rondat, Spreizsalto zwar sicher, vermied dann beim gleichen Sprung wie Heike gerade noch den vorzeitigen Abstieg vom Gerät... dann aber, nach einarmig gestützem Spreiz-Flick-Flack kam der Sturz in der Zweier-Kombi beim Spreizsalto rw.. Den  Hocksalto stand sie nur mit Ruderbewegungen der Arme  und bei AW 9,4 waren die 8,100 Punkte absolut untermaßig!
Lisa Brüggemann - mit gleichem Angang wie Yvonne-  merkte man die Nervenbelastung ziemlich an. Sie blieb zwar auf dem Gerät, aber ihrer Akrobatik und auch der Technik ihrer Sprünge und Elemente fehlte es insgesamt an Reife, Höhe und Ausgiebigkeit: 8,937 Punkte für 9,5 Ausgangswert und am Ende ein Balkenresultat von 24,225 Punkten - gerade mal einen halben Punkt von der finnischen Mannschaft entfernt - und weit weg von den enteilten Spanierinnen.
Das war wohl nix!

Am Boden erwischte es die deutschen Mädchen noch ärger. Mit 5 Übertreten der Mattenbegrenzung standen sie den deutschen Juniorinnen am Vortag nicht nach (- vielleicht sollte man zu Hause im Training auf 11x11m-Matten trainieren...).
Heike Gunne
- nach Doppelsalto gestr. außerhalb, (8,550) ... Yvonne Musik zu Beginn nach Doppel-Twist ebenso, den sie fast gestürzt hätte, dann nochmals draußen nach der Dreifachschraube mit weitem Side-Step und am Ende der Übung bei der 2 1/2-Schraube... (9,4) - 8,125.


Brüggemann - vielleicht im Mehrkampffinale...?

Lisa Brüggemann begann zwar dynamisch mit einem sehr hohen Doppeltwist gebückt  - aber landete zum 5. Mal draußen... ihre 2 1/2-Schraube, direkt verbunden mit Salto vw. gestreckt  gelang ihr nur sehr flach und die löbliche und schwierige Absicht eines neuerlichen Doppeltwistes (gehockt) am Ende der Übung landete im Sitz. Dadurch notierte man bei Aberkennung der Schwierigkeiten nur einen erschreckenden Ausgangswert von 9,0 Punkten und einen Endwert von 7,550, ihr Mehrkampfresultat als beste deutsche Turnerin liegt bei 34,812, Yvonne Musik erreichte 34,512.

Am späten Abend nach der Teamentscheidung konnte sich wenigstens Yvonne Musik über die nach langer Zeit wieder erste Finalplatzierung (Sprung) freuen:
Am Sonntag steht nach 14 Jahren, seit Bärbel Wielgoß 1990 in Athen (4. Balken), erstmals wieder eine deutsche Turnerin in einem EM-Gerätefinale - ein schöner persönlicher Erfolg für Yvonne und ihren Trainer Dieter Koch.
Zuvor stehen mit Lisa Brüggemann (15.) und Yvonne Musik (17.) zwei aus dem deutschen Team in der Mehrkampfentscheidung am Samstag.

Erstes Fazit:
Während man sich noch gern an die kämpferischen deutschen Teams der Weltmeisterschaft von von Gent (2001) und von Anaheim (2003) erinnert, wo die Turnerinnen nahezu ihre individuellen Leistungsoptima erreichten, waren sie diesmal weit davon entfernt.
Zudem hatte man den Eindruck, dass all zuviel mehr gar nicht möglich sei, denn es schienen nicht technische, sondern vielmehr akute Leistungsvoraussetzungen zu sein, die fehlten.
Wenige Monate vor dem Großereignis Olympia kam man hier in Amsterdam zu dem Schluss, dass das deutsche Frauenturnen noch weiter an den untersten Rand des europäischen Mittelmasses zurückgefallen sei.
Eckhard Herholz

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