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26-Sep-2001

Ohne die Alten geht es wohl doch nicht

Turn-Meisterschaften als Kampf der Generationen

  berl.ztg.:   Ein handfester Generationenkonflikt legt sich wie ein Schatten auf die deutschen Meisterschaften im Turnen am Wochenende in Dessau. Ein Jahr nach der Olympiapleite von Sydney setzt der Deutsche Turner-Bund (DTB) speziell bei den Männern ganz auf den Nachwuchs, "Oldies" wie die beiden in Australien verletzten früheren Weltmeister Waleri Belenki (Stuttgart) und Sergej Charkow (Dillingen) werden bei den nationalen Titelkämpfen bestenfalls noch geduldet. 
"Unsere Routiniers haben ihre Verdienste, aber bei einem Neuaufbau unserer Riege stehen sie im Weg. Die Alten helfen uns nicht weiter", formuliert DTB-Vizepräsident Eduard Friedrich glasklar. Lediglich der noch an den Folgen einer Ellenbogenoperation laborierende Hannoveraner Marius Toba passt wegen seiner Finalchance an den Ringen bei den Weltmeisterschaften Anfang November im belgischen Gent eventuell noch in den verbandsintern verordneten Kurs der strikten Verjüngung.
Schwache Zwischenbilanz
Die Meisterschaften werden zeigen, ob es sich der DTB überhaupt leisten kann, auf die altgedienten Recken schnöde zu verzichten. Bei einer ersten WM-Qualifikation Mitte des Monats in Kolkwitz bei Cottbus war Cheftrainer Rainer Hanschke mit den Leistungen sowohl der alten als auch der jungen Gerätartisten nur bedingt zufrieden: "Nur wenige Turner konnten ihre Trainingsleistungen im Wettkampf umsetzen", bilanzierte Hanschke. Die Chancen der als "Auslaufmodelle" verunglimpften Turner, doch noch einen Platz in der WM-Riege zu ergattern, stehen also nicht einmal so schlecht. Der mittlerweile 32 Jahre alte Belenki, 1992 noch für den Sowjetunion-Nachfolger GUS Mannschafts-Olympiasieger, will sich jedenfalls nicht kampflos aufs Altenteil schieben lassen. "Ich möchte meine Karriere mit einem Erfolgserlebnis beenden", sagt der gebürtige Aserbaidschaner, der Sydney wegen einer gerissenen Bizepssehne verpasste.


Friedrich und Belenki: Erste persönliche Begegnung zur WM-Qualifikation in Kolkwitz

Meisterin von 1994 tritt an
Herzlich willkommen wäre im WM-Team der Kunstturnerinnen hingegen eine Athletin, die relativ gesehen mit 25 Jahren noch älter als die Herren Belenki, Charkow und Toba ist. Zehn Jahre nach ihrer ersten Teilnahme an Welttitelkämpfen versucht sich Gabi Weller noch einmal an einem Comeback. Die gebürtige Gießenerin hat jahrelang in den USA studiert und dort in Universitätsmannschaften permanent weiter trainiert. "Gabi wäre von ihrer Erfahrung her eine wichtige Stütze für unsere junge Riege", sagt Teamchefin Petra Theiss. Sollte die Meisterin von 1994 jedoch nicht zu früherer Form zurückfinden, wäre Titelverteidigerin Birgit Schweigert aus Köln erste Sieganwärterin.

Während Theiss nach den Meisterschaften für die WM die Rangfolge 1 bis 7 benennen will (auch im Hinblick auf den Länderkampf am 6. Oktober in Madrid gegen Spanien und Rumänien), möchte Cheftrainer Rainer Hanschke am Sonntag erst vier WM-Teilnehmer von sieben nominieren, "alles andere findet sich nach dem Wettkampf gegen Japan und die Schweiz am 20. Oktober in Freiburg".

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