update: 21-July-2001

Der "Beckenbauer des Turnsports" wird 50:
Herzlichen Glückwunsch, Eberhard Gienger!

 


Eberhard Gienger

"Frohnatur, Hans Dampf in allen Gassen, Gentlement, Multitalent...", 
- alle solche Prädikate stimmen irgendwie oder manchmal, aber eigentlich auch nicht.

Gienger ist eben Gienger, unverwechselbar! 
Der Mann, der in Frack und Lackschuhen Riesenfelgen dreht und eben kurz danach ein ernsthaftes Sponsorengespräch mit einem Firmenchef führt. Er ist in einer nur ihm eigenen Art verbindlich, findet für jeden Gesprächspartner und in jeder Situation den richtigen Ton
, ob in den vielen Gremien des Sports oder aber auch beim Jux im Freyburger Zelt der "Erdachsenturner" aus Pausa:
Selten kommt in seiner Nähe schlechte Laune auf. Das liegt an seiner Lebenseinstellung. 
Gienger sieht immer nur das halbvolle, nie das halbleere Glas. Typischer Optimist, eben.

Seine Vita ist eine Abfolge unablässiger Bewegung, Action pur und immer mit höchstem Anspruch. Man ist geneigt, in ihm den Lebenskünstler zu sehen, muss aber sofort einschränken: Lebenskünstler  
o h n e  den Hallodri-Touch, der solchen Leuten manchmal anhängt. "Ebse" stand und steht immer auf dem Boden der Realitäten, seiner Realitäten. Eben deshalb ist es ihm als wohl einzigem deutschen Turner gelungen - immerhin im Heimatland dieser Sportart - Kapital aus seinem sportlichen Erfolg zu ziehen. Dies aber nicht, weil um ihn herum eine besonders günstige mediale oder Vermarktungssituation herrscht, das eher nicht - sondern gerade trotzdem! 
Gienger ist allein Giengers Werk.
 
Das verdient Hochachtung. Doch wenn er auch stets an engagierten Stellen des Turnens im Lande agierte - die ganz große Position, wenn auch lange angestrebt, ist ihm bislang (noch) nicht gelungen. Eine der wenigen Niederlagen des "Gym-Sunnyboys" war die Wahlschlappe letzten Herbst in Marakesch, als ihm Stimmen selbst zum bloßen Mitglied des Technischen Komitees des Turnweltverbandes FIG fehlten.... und dabei sprach man sogar schon mal vom FIG-Präsidentenamte, als Lebensziel...!
Eignung, Qualifikation, Reputation wären dafür zweifellos vorhanden, aber das allein entscheidet in den Höhen und Niederungen globaler Verbandshierarchien nur selten oder wohl eher nicht.
"Ebse" wird Fünfzig! 
 Seine Geburtstagfeier findet nicht mehr in einer Turnhalle statt, nein, auf dem Flugplatz! Niemanden würde es wundern, wenn der Jubilar seine Geburtstagstorte als Zielmarkierung benutzen würde, um auf möglichst einrucksvolle und originelle Form bei der Landung die 50 Geburtstagslichter zu löschen. Und sollte man ihn vielleicht im abendlichen Trubel der Party vermissen - vielleicht ist er gerade unterwegs mal schnell zu einem Schauturnen oder so....!
Ebse wird Fünfzig. Wer ihn kennt, glaubt es nicht oder weiß, von ihm ist in den nächsten fünfzig Jahren noch allerhand zu erwarten, immer am Limit, aber immer mit Lächeln. Da gilt wohl der Spruch seines Fußball-Pendants Franz Beckenbauer : Schau' 'mer mal! 
* Eckhard Herholz, gymmedia
 

Partygäste, Partyimpressionen......:

Eberhard Gienger mit Gattin Sybille

DTB-Präsident Rainer Brechtken beim Übbereichen
 eines guten `74er Jahrgangs

Unten li: Mitgefeiert: Die Ex-Auswahlturnerinnen Petra Kurbjuweit, Uta Schorn-Freise und Uschi Preusse sowie die ehemaligen Riegenkameraden Bernd Effing und Walter Mössinger (unten, re)

Giengers Lebensdaten:
  • Geboren am 21. Juli 1951 in Künzelsau als Sohn eines Bauingenieurs.
  • Seit 1978 ist Gienger mit der ehemaligen Deutschen Meisterin in Wettkampfgymnastik und Diplom-Sportlehrerin Sibylle von Gleich verheiratet. Sie haben drei Söhne Andreas, Markus und Tobias.
  • Gienger fing schon mit sechs Jahren an, Sport zu treiben. Zunächst spielte er Fußball, lernte Schwimmen und interessierte sich auch für Tischtennis und Leichtathletik.
  • Mit 15 Jahren begann er mit dem Turnen und wurde bereits 1968 Deutscher Jugendmeister im Olympischen Zwölfkampf.
  • 1971 holte er sich seinen ersten deutschen Titel an Barren und Reck.
  • 1972 Deutscher Meister im Mehrkampf, Sprung, Barren und Reck.
    • 1973 begann ein steiler Aufstieg mit dem Gewinn der Europameisterschaften und der Weltmeisterschaften 1974 jeweils am Reck, seinem Lieblingsgerät. Experten hatten Gienger aufgrund einer Verletzung  (Muskelfaserriß an der linken Schulter) schon abgeschrieben als er durch seinen Ehrgeiz und viel Trainingfleiß den WM - Titel holte. Mit seinem Abgang wurde er weltberühmt, da er als einziger der Welt den Doppelsalto mit Schraube turnte.

    • 1977 zur Universiade in Sofia:
      Der Gienger-Salto


    Der Reck-Virtuose
  • Nach ihm ist ein Salto am Reck benannt, der solange lebendig bleiben wird wie es das Turnen gibt. Jedoch unbeabsichtigt! "Eigentlich wollte ich ja den Flugteil des Bulgaren Deltschew nachturnen. Aber ich habe ihn falsch beobachtet und deshalb anders einstudiert. Und daraus wurde der "Gienger-Salto", ein Salto rückwärts, gebückt, mit halber Schraube. Es kamen auch erste Rückschläge. Zwar gewann er bei den Europameisterschaften Silber am Barren, erreichte aber am Reck als Titelverteidiger nur den Zehnten Platz.
  • Durch seinen Kampfgeist turnte sich Gienger trotz weiterer Verletzungen wieder nach oben. Nach einem weiteren Europameistertitel beendete Gienger seine Turnerkarriere als er im November 1981 in Moskau den zweiten Platz belegte.
  • Nach seiner zehnjährigen Laufbahn wurde er zum ersten Mal mit der Traumnote "Zehn" bewertet...

    Abschied auf Raten:
  • Es folgten Auftritte im Turn-Zirkus des amerikanischen Weltmeisters Kurt Thomas und verschiedene Auftritte bei Schau- und Wertungsturnen im In- und Ausland. Bis 1988 turnte Gienger weiterhin in seinem alten Verein KTV Neckarsulm/Heilbronn und fungierte als Pressesprecher des Schwäbischen Turnerbundes (STB).
  • Einsatz als Kampfrichter bei den Württembergischen Meisterschaften.
  • 1984 wurde Eberhard Gienger beim Kongress des Internationalen Turnerbundes (FIG) in das Technische Komitee Kunstturnen Männer gewählt. Seine Kandidatur stieß jedoch auf Kritik, da er, so damals FIG-Präsident Juri Titow (UdSSR), als Profi an Turnwettkämpfen teilgenommen habe, obwohl Gienger als hauptberuflicher Repräsentant eines Sportartikelherstellers von kommerziellen Erwägungen abhängig sei.
  • 1985 WM-Debüt als Oberkampfrichter in Montreal an den Ringen. Internationaler Einstand zuvor schon bei den Europameisterschaften in Oslo.
  • 1986 forderte er in einem Interview, Sponsoren aus der Wirtschaft. Deshalb müsse Kunstturnen attraktiv für Sponsoren werden, auch wenn es an einem neuen Aushängeschild fehle.
  • 1986 Gienger nimmt durch Bandenwerbung Geld ein. Damit prämierte der Deutsche Turnerbund (DTB) Aktive für gute Platzierungen.
  • 1987 Gienger wird selbst zum "Geldbeschaffer" und stellt im selben Jahr 140.000 DM zur Verfügung.
  • 29. November 1988 knappe Wahl zum Bundes-Kunstturnwart des DTB oder "Vorsitzender des Technischen Komitees der Männer" als Nachfolger von Klaus Zschunke.
    • 1990: Symbolischer Fallschirm-Absprung in die deutsche Turn-Einheit in einer Live-Fernsehsendung über der Jahnstadt Freyburg gemeinsam mit DDR-Turn-Olympiasieger Klaus Köste: Der DTB und der DTV der DDR vereinigen sich wenige Tage später als erster deutscher Sportverband.
    •  Im Januar 1997 wird Eberhard Gienger  für weitere vier Jahre als Kunstturnwart des Deutschen Turner-Bundes bestätigt.

     

  • Anfang 2000 wechselt Eberhard Gienger als "Leiter Sport-Events" nach Bonn und arbeitet im Bereich des Engagement der Deutschen Post AG im Formel-1- Rennsport, insbesondere durch den Vertrag mit dem Rennstall Jordan und Heinz-Harald Frentzen.
  • Ende Mai 2000 stürzt Eberhard Gienger bei einem Showauftritt mit dem Fallschirm ab und erleidet schwere Verletzungen - kehrt danach nicht wieder zur Post AG zurück.
  • Heute ist Gienger außerdem Angestellter einer bekannten Sportartikelfirma und Werbekaufmann mit eigener Agentur ("Pro-Motion") in Tübingen.
  • Persönliches:
    Spaß am Sport lag bei Eberhard Gienger, genannt "Ebse" in der Familie. Sein Vater, als Bauingenieur früher Außenstellenleiter einer Stuttgarter Straßenbaufirma, war 22mal Württembergischer Meister im Faustball und auch seine Mutter, Leiterin eines Textilgeschäfts, brachte es auf zwanzig Meisterschaften in dieser Sportart. Im Sommer 1966 hatte Gienger als 15jähriger im Garten von Otto Zipplies, seinem damals schon 73 Jahre alten Entdecker und väterlichen Freund, die ersten Bekanntschaften mit dem Turngerät gemacht. Eberhard Gienger machte 1975 sein Examen als Diplom-Sportlehrer und ließ sich in einer Frankfurter Werbeagentur zum Kaufmann ausbilden. 1978 studierte er in Mainz Anglistik und Slawistik und schloss sein Studium mit dem Magister ab.
  • Hobbies:
    Gienger spielt gerne Tennis und Fußball, sein größtes Hobby ist aber das Fallschirmspringen Weitere Hobbies sind Golf spielen, Surfen und Radtours zwischen 80 und 100 km. Außerdem faszinieren ihn das Tauchen und Bungee-Jumping. 
    Er ist leidenschaftlicher Fallschirmspringer und lässt von diesem Sport auch nicht nach seinem schweren Unfall ab: Am 28. Mai 2000 faltete sich bei einer Veranstaltung der Post-AG in Köngen im Landkreis Esslingen sein Fallschirm kurz vor der Landung zusammen und er stürzte aus 10-12 Meter Höhe auf eine Betonfläche.  Ein Mann der Extreme!
  • Arbeit: 
    Die Synthese aus Optimismus und Selbstbewusstsein wurde zum Mittel seines Erfolges. Ehrgeiz und Disziplin heißen seine Waffen. Fazit über sein Leben als Kunstturner: "Durch das Kunstturnen habe ich mein Leben besser in Griff bekommen".
Giengers Mitgliedschaften und Ämter:
  • 1984 Berufung in das Technische Komitee Kunstturnen Männer des ITB
  • Funktionär im Deutschen Turner-Bund
  • Bis 1988 Pressesprecher des Schwäbischen Turnerbundes (STB)
  • 1988 Bundes-Kunstturnwart des DTB
  • Vorsitzender des Technischen Komittees der Männer des DTB
  • Ziel Ende der achtziger Jahre:: "Bis ins Jahr 2000 will ich dem Exekutivkomitee des Welt-Turnverbandes angehören". 
    (Scheiterte zum FIG-Kongress 2000 in Marakesch knapp an Mitgliedschaft Technisches Komitee)
Giengers Erfolge: 
Insgesamt war Gienger 36mal Deutscher Meister, dreimal Europameister, dreimal Weltcup-Sieger, dreimal WM-Zweiter, einmal Weltmeister und Bronzemedaillen-Gewinner bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal.


Weltturnstars: Gienger - Gnauck, Cottbus 2001

 
  • Erster Wettkampf: 17. Platz von 17 Teilnehmern
  • Württembergischer Jugendmeister im Zwölfkampf
  • 1968:Deutscher Jugendmeister beim Turnfest in Berlin; Erster Länderkampf, 14. Platz der Einzelwertung
  • 1971: 13. Platz im Sechskampf und 6. Platz im Pferdsprung bei den EM in Madrid, erste deutsche Meisterschaft an Reck und Barren

 

  • 1972: Olympische Spiele in München: 5.Mannschaft, 14.Mehrkampf
  • 1973: Europameister am Reck in Grenoble, fünffacher deutscher Meister,
  • Studenten-Weltmeister am Barren in Moskau
  • 1974: Reck-Weltmeister in Warna, vierfacher deutscher Meister
  • 1975: Gold am Reck, Silber im Sechskampf, Bronze am Pauschenpferd bei den EM in Bern
  • 1976: Deutscher Meister im Zwölfkampf und am Reck, Bronzemedaille am Reck bei den Olympischen Spielen in Montreal
  • 1977: Zweiter Platz am Barren bei den Europameisterschaften in Wilnius; Weltcupsieg am Reck
  • 1978: Silber an Pauschenpferd und Reck, vierter Platz im Zwölfkampf bei den WM in Straßburg, WM-Zweiter am Pauschenferd und Reck, Weltcupsieg am Reck
  • Deutscher Meister am Pauschenpferd, Barren und EM-Meister am Reck
  • Deutscher Meister am Pauschenpferd, Barren und Reck
  • 1979: EM-Dritter am Barren, WM-Zweiter am Reck; Hattrick: Dritter Reck-Weltupsieg
  • Gienger erhält das Bundesverdienstkreuz am Bande
  • In seiner Heimatstadt Künzelsau wurde eine Halle nach ihm benannt.
  • 1974 und 1978 Wahl zum "Sportler des Jahres"
       Veröffentlichungen
  • "Das Abenteuer der Turnkunst", Badenia-Verlag, Karlsruhe
    Autoren: Eberhard Gienger, Villvoye, Jo
    In diesem Buch schockiert er die Gralshüter des Amateurgedankens und bekennt sich dazu, Profis an Olympischen Spielen teilnehmen zu lassen .
  • "Mondsalto. Die großen Erfinder", gymbooks Verlag
    Autoren: Andreas Götze/Jürgen Uhr; Herausgeber: Eberhard Gienger
    Eine einzigartige Hommage an die Kreativität des Turnens

(GYMmedia-Archiv)

* 2011:   >> ... E. Gienger zum 60. Geburtstag