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INTERVIEW MIT GABI WELLER:
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Keine deutsche Turnerin
der Neunziger Jahre hat an so vielen Deutschen Meisterschaften teilgenommen: Die 4-fache Deutsche Meisterin erkämpfte sich ausser ihren Titeln weitere 9
Medaillen, zuletzt 1999, wurde sie noch einmal Mehrkampfvierte und holte sich gemeinsam
mit der Berlinerin Janina Dube die 4. Silbermedaille ihrer Karriere an dem Gerät
(Sprung), wo mit Silber in der Dortmunder Westfalen-Halle 1990 auch ihre Karriere
begann...
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. | : Wie sind
Deine Erinnerungen an den aller ersten Kontakt mit dem Turnen?
GABI: .Ich habe es einfach toll gefunden, mich in alle Richtungen bewegen zu können und dass es moeglich war, in der Luft Drehungen und Salti zu machen und mich frei wie ein Vogel zu fühlen.
: Ein Ergebnis und Ziel des Turnens ist natürlich Leistung. Hat das Turnen aber noch andere Spuren bei Dir hinterlassen? GABI: Natürlich. In jeder Hinsicht! Es hat meine ganze Persönlichkeit geprägt! Ich habe gelernt mit Niederlagen umzugehen. Mein Vater sagte immer zu mir, wenn ich bei einem Wettkampf nicht so gut war, dass eine Niederlage nicht dazu da ist um liegen zu bleiben, sondern um wieder aufzustehen. Das hat mich stark gemacht. Ich denke, durch das Turnen bin ich offener und toleranter geworden. Ich habe andere Länder und Kulturen kennen gelernt und ich habe neue Freunde gewonnen, die auf der anderen Seite der Erde leben.
GABI: Man soll individuell fördern und nicht alle über einen Kamm scheren. Man sollte ihnen vertrauen, denn nur wenn man den Turnerinnen vertraut, können sie Dir auch vertrauen. Man sollte ihnen auch genügend Freiraum für private Dinge geben. Und das Wichtigste: Die Kinder sollen in erster Linie Spaß im Training haben.
: Worauf führst Du die Tatsache zurück, dass es in Deutschland nach der Wende nicht gelungen ist - trotz Zusammengehens mit dem Potential und den Strukturen der ehemaligen DDR, die ja kurz zuvor noch eine Welt-Kunstturnnation war, ein wenigstens konstantes Niveau zu halten? GABI: Der Hauptgrund meiner Meinung nach ist, dass die Sportler der ehemaligen DDR einfach besser gefördert wurden. Die Schule wurde auf das Training abgestimmt usw. Heute ist es den Lehrern meist egal, ob du ein Sportler bist oder nicht und du musst sehen, wie du den Schulstoff nachholen kannst. Ich denke, es waren auch politische Gründe. Die Mädchen mussten plötzlich durch ein ganz anderes Schulsystem gehen und sie wurden sportlich nicht mehr so gefördert und unterstützt wie damals. Jede musste sich plötzlich Gedanken um ihre eigene Zukunft machen. Ich denke auch, dass der Sport für viele Sportler in der ehemaligen DDR eine gute und vielleicht die einzige Möglichkeit war, mal aus dem Land raus zu kommen. Das könnte ein großer Anreiz gewesen sein. Nachdem die Mauer fiel, war es dann ja kein Problem mehr in ein anderes Land zu reisen. : Sollte Deutschland überhaupt wieder das Ziel haben, in die "Olympic Family of Artistic Gymnastics" zurückzukehren...? GABI: Ja, auf jeden Fall. Ich denke, dass das Turnen eine der wichtigsten Sportarten in der Geschichte Deutschlands ist!
: Gedankenspiel: Angenommen Gabi Weller würde das verantwortliche Amt (...welches müsste das sein?) übernehmen, um weibliches Kunstturnen in Deutschland wieder zu reanimieren, was würdest Du ändern/einführen/anders machen...! GABI:
Ich hatte mir schon öfters mal überlegt, was ich machen würde, wenn ich
Bundestrainerin wäre. Ich denke, dass es schwer zu sagen ist was ich machen
würde, weil
man dann letztendlich meist auf Widerstände stößt, mit denen man nicht gerechnet hat und
die es einem nicht ermöglichen so zu handeln, wie man es gerne gehabt hätte. Trotzdem
würde ich einiges anders machen. Ich würde sehr viel Wert auf die oben genannten Dinge
legen: Der Spaß soll im Vordergrund stehen. Andererseits müssten die Turnerinnen auch
lernen zu akzeptieren, dass es nicht immer ein Zuckerschlecken sein kann.
: Welche Rolle sollte die Bewertung spielen - nur zur Leistungsdifferenzierung... oder nicht auch zur Vermittlung von Verständnis an ein Sportpublikum? GABI: Ich denke, dass es seht wichtig ist, dass das Publikum die Wertungen nachvollziehen kann. Menschen möchten mitreden können, aber wenn sie das System, welches die sportliche Leistung beschreibt, nicht verstehen, macht es keinen Spaß, sich das Ganze anzusehen, weil man es ja eh nicht nachvollziehen kann. : Wenn Du Letzteres unterstreichen würdest - ist da der derzeitige Code de Pointage das richtige Mittel...? GABI: Ein Buch in dem die Wertungsvorschriften festgelegt werden, das finde ich schon gut, aber ich denke, dass die Leute, die die Werte der Elemente festlegen, auch jene sein sollten, die noch mitten im Geschehen stecken und etwas davon verstehen.
: Du
hast im Laufe Deines Lebens die heftigsten Kritiken am Frauenkunstturnen erlebt. GABI: Das Schlimmste, was mir je passiert ist war, dass mir während der Medaillenvergabe (ich wurde Deutsche Meisterin im Mehrkampf im Rahmen des Deutschen Turnfestes 1994 in Hamburg), jene Person, die mir die Medaille umhängte, gesagt hatte: 'Das war ja ganz gut, aber ein paar Pfund musst Du noch abnehmen." Ich war sprachlos und habe versucht es zu ignorieren, was mir auch erst ganz gut gelungen ist, aber im Nachhinein...?!!"
: Kreative Menschen träumen gern. Wovon träumst Du.....? GABI: Ich träume von einem glücklichen, ausgefüllten Leben, eine Familie und ein eigenes kleines Haus zu besitzen. Mein ganz großer Wunsch ist, dass alle Menschen, die mir wichtig sind, glücklich und gesund bleiben und da schließe ich mich einfach mit ein! : Das wünschen wir Dir natürlich auch, vielen Dank und in diesem Sinne, alles Gute * Das Interview für GYMmedia führte
Eckhard Herholz. * Update:
28-SEP-2001:
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