Roman GISI (SUI) |
Fast fünf Jahre ist es her, dass neben dem einstigen Schweizer Führungsturner Niki Böschenstein, auch ein weiterer eidgenössischer Nationalturner, nämlich Roman GISI, seine Spitzensportlaufbahn beendete (> .. siehe GYMmedia-News Dez/2011). Beide standen sie nämlich im vergangenen Jahrzehnt namhaft und anfänglich für den enormen Aufschung des Männerturnens, den die traditionelle Turnnation Schweiz im letzten Jahrzehnt vollzog, und der momentan in der Teilnahme einer komplettem Schweizer Riege bei Olympia kulminiert - nach einer Teamabstinenz von fast einem Vierteljahrhundert (- zuletzt Barcelona 1992).
* GYMmedia traf den jetzt den aus dem NKL Liestal stammenden Ex-Turner Roman GISI, der mit einigen seiner Schweizer Trainingskollegen nach Ostrau in Sachsen-Anhalt reiste, um mit dem deutschen Trainer-Ehepaar Hofmann Geburtstag zu feiern. Es wurde ein imposantes, würdiges Turnertreffen nahezu europäischen Charakters ...
Trainer Dieter HOFMANN (Mitte) mit seinen Gästen: der deutschen olympischen Silberriege von 1988 (Sylvio Kroll, Sven Tippelt, links - Ralph Büchner, Holger Behrendt, rechts von Hofmann) sowie einer Gästeriege aus der Schweiz, mit Roman Gisi (rechts, außen).
Roman GISI, als Sieger des Cottbuser GWG-Cups 2003, vor Matthias Fahrig (li.) und Steve Woitalla (re.) |
♦ GYMmedia-INTERVIEW mit Roman GISI
- Ex-Nationalturner der Schweiz -
Roman, was macht ein Schweizer Ex-Nationalturner, wenn er seine Laufbahn beendet hat?
* Roman GISI --: " .. . er versucht sich bestmöglich in der Zivilisation zu integrieren. Für mich war es wichtig, dass ich an meine berufliche Ausbildung anknüpfen konnte und somit von der turnerischen Karriere den Sprung in das Berufsleben schaffe. Aktuell arbeite ich mit voller Freude bei der Vitra AG als Regionalverkaufsleiter und betreue die Nordwest- und Zentralschweiz."
Stell' einmal kurz dar, wie, wann, und wo Deine turnerische Laufbahn begonnen hat!
* Roman --: "Meine turnerische Laufbahn begann sozusagen damit, dass ich zuhause zuviel Energie hatte und mich immer irgendwo austoben wollte. So kam es, dass mich mein Vater mit ca. 6 Jahren mit in die heimische Turnhalle nahm, wo ich das Gefühl der kontrollierten Bewegung erlernte. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass Dieter Hofmann anfang der neunziger Jahre nach Liestal kommen wird. Dies war für unsere Region eine extrem grosse Bereicherung."
Da kam eben als eine der entscheidenden Personen der deutsche Trainer Dieter Hofmann vor. Wie hat der Deine Laufbahn beeinflusst und wie beurteilst Du seine Trainerrolle generell als Mensch?
* Roman --: "Dieter Hofmann war sozusagen mein zweiter Vater, welcher mich zu dem machte, was ich heute bin. Von ihm habe ich sehr viel gelernt, was mir in heutigen Situationen weiterhilft. Er war ein strenger und sehr korrekter Trainer. Bei aller Härte wusste ich aber immer, dass er fair war und alle gleich behandelt hat. Er respektierte und förderte jeden einzelnen Athleten, egal wie das Niveau war und machte das Beste aus jedem. Dies zeichnete ihn aus."
Bitte erinnere uns mal an Deine ersten und Deine wichtigsten sportlichen Erfolge, national & international !
* Roman --: "Meine ersten Erfolge waren bei den Junioren die Schweizermeisterschaften, dann die Schweizermeisterschaften bei der Elite. Gern erinnere ich mich auch an meine Erfolge beim damaligen GWG-Cup in Cottbus vor 13 Jahren; Foto, links oben: 2003).
Für mich war dann neben der Silbermedaille von Patras im Jahr 2002 (Junioren Europameisterschaften), das Jahr 2009 das Erfolgreichste: Ich wurde im Mehrkampf bei den Weltmeisterschaften in London 13."
Eben, jetzt im Sommer, war eine erstaunliche Schweizer Delegation in Deutschland zu Besuch, um des Ex-Trainer Hofmann's 75. Geburtstag (nachträglich) zu würdigen. So ganz alltäglich ist so 'was aber auch nicht! Wie kam es dazu ...?
Schweizer Geburtstagsgäste: (von links): Roman Gisi, Fabian Leimlehner, Silvan Schreiber, Emanuel Senn, Marc Bracher |
* Roman --: "Dieter Hofmann hat diese Delegation so geformt, dass wir Zusammenhalt, Unterstützung etc. schätzen und uns für jeden einsetzen. Er hat in dieser Zeit auch den Zusammenhalt unter den Familien gefördert und somit eine große Turnfamilie kreiert. So entstanden sehr gute und menschliche Kontakte, welche wir noch heute aktiv pflegen. Schon nach Erhalt der Einladung war für uns klar, dass wir uns gemeinsam auf den Weg nach Halle / Sa. machen werden. Er hat uns allen so viel auf den Weg mitgegeben, dass ein Besuch in Deutschland das Mindeste von unserer Seite war. Wir Turner waren und sind immer noch sehr begeistert von der Feier und hatten sehr viel Freude, dort wieder altbekannte Gesichter zu treffen."
Du warst, neben Niki Böschenstein - einer der ersten Turner der Schweiz, an denen man eine neue, qualitative Entwicklung des eidgenössischen Kunstturnens ablesen und ahnen konnte, die ja nun für alle und aktuell auch eingetreten ist. Worin siehst Du die Hauptgründe und was ist da noch zu erwarten?
* Roman --: "Danke fürs Kompliment. Im allgemeinen ging dann auch im aktuellen Olympiazyklus erneut ein sehr grosser Ruck im Schweizer Kunstturnen durch die gesamte Mannschaft. Es ist jetzt eine junge, dynamische Mannschaft zu Gange, welche auch neben der Turnhalle eine gute Betreuung erhält und davon zurecht profitiert. Sie glänzt durch die hohe Schwierigkeit, die technische Eleganz, sowie die Stabilität. Ich freue mich für das ganze Team, dass sie diesen Schritt nach Rio geschafft haben und bin überzeugt, dass dies nochmals für jeden Turner einen zusätzlichen Energieschub gibt."
- Was erhoffst Du Dir aus Schweizer Sicht von den Rio-Spielen in diesem Jahr?
* Roman --: "Ich erhoffe mir, dass sich die Mannschaft genau so wie zur WM in Glasgow 2015 oder soeben zur EM 2016 in Bern verhält und auf das vorhandene Können zurückgreifen kann. Wenn Sie cool bleiben, einander unterstützen, dann wird jeder sein Bestes abrufen können und für sich das beste Ergebnis herausholen. Die Chancen auf Finals stehen in diesem Jahr so gut wie schon sehr lange nicht mehr! Ich drücke die Daumen und werde die Wettkämpfe verfolgen."
- ... fällt Dir noch etwas ein, was wir hätten fragen können …?
* Roman --: "Zum Schluss möchte ich unbedingt noch Dieter Hofmanns Frau, die Heide Hofmann, ausdrücklich erwähnen:
Heide und Dieter HOFMANN mit "ihren" ehemaligen Schweizer Schützlingen, die den weiten Weg nach Sachsen-Anhalt nicht scheuten ...! |
Die hat uns jungen Turner in Liestal unwahrscheinlich viel durch ihre Gymnastikprogramme an Bewegungsgefühl vermittelt. Wie ich inzwischen weiß, war sie ja in den 60'er Jahren in der DDR auch eine Spitzenturnerin und immerhin kamen wir doch jetzt in der Heimat der Familie Hofmann an i h r e m Geburrtstag zusammen - natürlich auch, um den 75. von Dieter nachzufeiern. Mit den vielen deutschen Ex-Internationalen und Trainerkollegen, und vielen europäischen Gästen aus Skandinavien, aus den Niederlanden, Österreich und der Schweiz, war das ein tolles Gefühl, wie doch auch im Spitzensport des modernen Gerätturnens Traditionen und Freundschaften über alle Ländergrenzen hinweg gepflegt werden. Sehr beeindruckend und würdig! Jetzt aber drücke ich allen Olympiateilnehmern die Daumen; niemand nimmt mir sicher übel, wenn der Daumendruck dabei für *meine' Schweizer Jung's ein wenig stärker sein wird ...!"
(C) gymmedia / Eckhard Herholz
Selten und wie schon lange nicht mehr sind die olympischen Ambitionen des Schweizer Kunstturnens so gut, wie bei den Spielen 2016 in Rio:
* Lesen Sie dazu auch: ►► Schweizer Turner mit Ambitionen (bluewin)