Zeit seines Lebens war Friedrich
August Ravenstein ein überzeugter Turner.
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Er gründete den
ersten Frankfurter Turnverein und richtete schon 1847 ein erstes,
allerdings inoffizielles Turnfest in der Mainstadt aus.
Im Hauptberuf war der Frankfurter Turnvater Kartograph. Der von
Ravenstein gegründete, gleichnamige geographische Verlag
existierte noch bis in das Jahr 2007.
Die alten Frankfurter waren echte Turnmuffel.
Alle Versuche, sie zu dem neuen Volkssport zu bewegen, schlugen
fehl, obwohl sogar der Turnvater Friedrich Ludwig Jahn
höchstpersönlich sich einmal darum bemühte. Da musste erst einer
kommen wie August Ravenstein. Der Frankfurter Buchhändlergeselle
war 1830 nach Mainz gezogen, um sich in der Technik des
Steindrucks und des Landkartenstichs weiterzubilden. |
Friedrich August Ravenstein
1809 - 1881 |
Dort lernte er aber
auch die Turnkunst kennen und schätzen. So gründete er in seiner
Vaterstadt im April 1833 ebenfalls eine "Turngemeinde", den ersten
Frankfurter Turnverein. |
Inoffizielles „Erstes Deutsches
Turnfest“ in Frankfurt
Fünf Jahre später, am 1. Mai 1838, konnte Ravenstein die erste
öffentliche Turnanstalt in Frankfurt aufmachen, wofür er Zuschüsse vom
Senat der Freien Stadt erhielt. Gleich in der Sommersaison 1838 wurde
der 28-Jährige zum "Turnvater" für 72 "Zöglinge", meist Schüler, und
30 Kinder aus dem städtischen Waisenhaus, darunter insgesamt sechs
Mädchen. Auch die
Entwicklung des Frauenturnens in Frankfurt wurde stark von ihm
gefördert.
Im Mai 1845 gründete er dann den "Verein für körperliche Ausbildung
der Jugend", der bald Aktien zur Finanzierung eines neuen Turnplatzes
mit einer Turnhalle ausgab. Die Einweihung dieser ersten Frankfurter
Turnhalle lieferte den Anlass zu einem dreitägigen Turnfest im
Hochsommer 1847, zu dem 117 Turngemeinden ihre Vertreter sandten.
Eigentlich war das Ereignis als "Erstes Deutsches Turnfest" geplant,
was jedoch der Senat der Stadt aus Furcht vor politischen
Ausschreitungen angesichts der angespannten Stimmung in den deutschen
Staaten, immerhin nur einige Monate vor der Märzrevolution, untersagt
hatte.
Hauptberuf: Kartograph
Am 4. Dezember 1809, vor fast genau 200 Jahren, wurde Friedrich August
Ravenstein in Frankfurt am Main geboren. Im Hauptberuf war der
Frankfurter Turnvater allerdings Kartograph – und sogar ein ziemlich
bedeutender. Mit dem Erscheinen eines Stadtplans von Frankfurt im
Sommer 1830 gründete er einen eigenen Verlag unter der Firma
"Geographisches Institut von A. Ravenstein". Er schuf etwa den
"Frankfurter Alignementsplan" (1860), wofür er die Stadt mit
sämtlichen Straßen, Plätzen und öffentlichen Gebäuden erstmals exakt
vermaß, und zusammen mit August Papen und Karl Friedrich Gauß brachte
er die "Papen’sche Höhenschichtenkarte von Mitteleuropa" im Maßstab
1:1 Million (1858) heraus, die bahnbrechend für die topographische
Gebirgsdarstellung wurde.
Ein Freund der Freiheit
In der Frankfurter "Turngemeinde" kam es im Vorfeld der Revolution von
1848 zu Konflikten, als sich ein Teil der Mitglieder mehr und mehr
politisierte. In seinem "Turnerischen Glaubensbekenntnis" zeigte sich
Ravenstein daraufhin zwar als "Freund der Freiheit", distanzierte sich
aber ausdrücklich von der Vermischung von Turnen und Tagespolitik.
Den Behörden blieben die Turner, auch über die gescheiterte Revolution
hinaus, suspekt. Am 5. Januar 1852 wurde der Frankfurter Verein
polizeilich aufgelöst. Im Gegenzug wurde allerdings der Turnunterricht
an öffentlichen Schulen eingeführt, wofür Ravenstein – im Rahmen
seines Strebens nach einer umfassenden Bildungsreform unter Schaffung
von Chancengleichheit für alle – immer gekämpft hatte. In der Folge
entzog ihm die Stadt jedoch 1854 die finanzielle Unterstützung für
seine Turnanstalt, und drei Jahre später löste sich auch der "Verein
für körperliche Ausbildung der Jugend" auf. Ravenstein versuchte, die
Turnanstalt mit der Halle privat weiterzuführen und durch die
Angliederung eines heilgymnastischen Instituts zu erhalten. Doch im
Jahr 1862 musste er die Turnanstalt schließen. Trotzdem blieb
Ravenstein aktiv, jetzt als Mitglied des bis heute bestehenden
"Frankfurter Turnvereins 1860", dem er im Juli 1862 beitrat.
Mit sieben Zwetschgen auf den Feldberg
Zeit seines Lebens war und blieb Ravenstein also überzeugter Turner –
aber kein Kunstturner im heutigen Sinne.
Vielmehr war er ein begeisterter Wanderer und zäher Ausdauersportler,
der in seinem Leben ganz Europa vom Nordkap bis zum Ätna "durchlaufen"
haben soll. Aus dem Alltag in Frankfurt zog es ihn immer wieder in den
Taunus. Auf allen Touren hatte er stets gedörrte Pflaumen in der
Tasche, wobei sieben Zwetschgen seine Ration für den Weg auf den
Feldberg waren. Auch für die Turnjugend organisierte Ravenstein solche
"Entbehrungsmärsche" oder "Schnellgänge".
Zusammen mit 20 anderen "Feldbergläufern" aus Frankfurt gründete
Ravenstein am 5. Januar 1868 den
Taunusklub, natürlich auf dem Feldberg, für dessen Besteigung bei
Schnee und Eis an diesem Tag noch zwei Bergführer benötigt wurden.
Als Präsident des
heute noch bestehenden Vereins übernahm Ravenstein selbst die
topographische Aufzeichnung des Taunusgebirges. Nach dreijähriger
mühevoller Kleinarbeit im oft unwegsamen Gelände konnte er 1870 die
erste Wanderkarte des Main-Taunus-Gebietes vorlegen.
Eine Eismeerinsel trägt seinen Namen
Mit "eisernem Fleiß, unermüdlicher Arbeitskraft und gewissenhafter
Ausnutzung der Zeit", so die zeitgenössische Presse, wirkte Ravenstein
bis ins hohe Alter auf vielfältigen Gebieten. Als sein letztes Werk
zeichnete der Kartograph den Rundblick von der Goetheruhe im
Stadtwald.
Am 30. Juli 1881 ist August Ravenstein in Frankfurt gestorben. Bis vor
kurzem noch wiesen die Straßen- und Wanderkarten aus dem von ihm
begründeten Verlag unter seinem Namen den Weg in die Welt. Doch 2007
wurde das Unternehmen liquidiert.
Heute noch ist aber eine Insel im Nördlichen Eismeer nach August
Ravenstein benannt.
* Quelle: frankfurt-online; Autorin: Sabine Hock
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