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22-Dez-01

Berlin/Germany

Bundesverdienstkreuz für Gerhard Kaminski

- ....und über das Berliner Turnen an sich -

- von Hans-Jürgen Zeume -

 

22-12-2001: Gerhard Kaminski, Vorsitzender der Abteilung Turnen beim Sportclub Berlin, wurde vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der 68-Jährige ist seit 50 Jahren Trainer und ehrenamtlich Kampfrichter und Übungsleiter und gehörte bei zwei Olympischen Spielen sowie acht Turn-Weltmeisterschaften dem Kampfgericht an.

<< Gerhard Kaminski: Bereits 1999 wurde er von Manfred von Richthofen als "Ehrenamtlicher des Jahres" ausgezeichnet. (Archivfoto: Berliner Turnzeitung)

18 Jahre zum ersten Olympiagold

Karin Janz wurde 1972 erste olympische Siegerin der Turnabteilung des SC Dynamo Berlin, die 1954 gegründet wurde – die Männer brauchten acht Jahre mehr.

Ein berühmter Turner war Gerhard Kaminski nicht. Geboren 1933 im ostpreußischen Ostlake bei Olsztyn, zwölfjährig Flucht mit den Eltern nach Döbeln in Sachsen, 1951 bis 1955 Sportstudent an der DHfK in Leipzig. Bei den DDR-Meisterschaften 1953 belegte er im Zwölfkampf einen zehnten Platz. Seit dem 1. September 1955 arbeitete er als Trainer im neugebildeten SC Dynamo Berlin. Die eigentliche Gründung fand ein Jahr früher statt, und die erste Trainerin wurde Margarethe Stephan, erste bekannte Turnerin war Ruth Berger, die Kaminski später heiratete. Tochter Katrin war eine hoffnungsvolle Turnerin, die den Sprung in die Weltspitze jedoch nicht schaffte.
Weltspitze, das war der hohe Anspruch, der an die neue Generation Trainer und Sportler des SC Dynamo Berlin gestellt wurde. Doch so etwas erreicht man nicht mit Befehl und per Knopfdruck. Am Anfang stand noch das Training in der Sporthalle an der Stalinallee. Dann wurde in Hohenschönhausen das Sportforum gebaut. Turnerinnen und Turner bekamen ihre eigene Halle, nach ihren Vorstellungen und Erfordernissen ausgerichtet. Wöchentliches nahezu ganzjähriges Training: 28 bis 32 Stunden. Die Sportvereinigung Dynamo bildete Talentezentren über das ganze Lande verstreut. Junge engagierte Trainer wie Jürgen Heritz (aus Schwerin), Herbert Hoffmann (aus Potsdam) kamen nach Berlin. Letzterer brachte gleich die ganze Frauenabteilung des ZSK Vorwärts Potsdam mit. Vera Ewald und Ingrid Föst hätten die ersten Dynamo-Olympiaturnerinnen 1956 in Melbourne sein können. Den Weg dorthin verhinderten Mutterfreuden...
Trotzdem waren die Turnerinnen den Turnern über Jahrzehnte hinweg ein oder zwei gestreckte Fußspitzen voraus. Die erste Weltmeisterin wurde 1970 Karin Janz am Stufenbarren, der erste Weltmeister 1979 Roland Brückner am Boden. Beiden wurden auch die ersten Olympiasieger der gemeinsamen Turnabteilung, Karin 1972 im Pferdsprung und am Stufenbarren, Roland 1980 am Boden. Am Anfang des Ost-Berliner Turnweges in die Weltspitze stand übrigens ein West-Berliner. Heinz Boll wurde 1949 erster DDR-Meister im Zwölfkampf. Bis 1961, dem Mauerbau, gab es auch gemeinsame Berliner Riegen für den Städtekampf Berlin – Hamburg – Leipzig. Dominiert wurden die Riegen durch Turner des SC Dynamo.
Wo lag nun das Geheimnis der Erfolge, der Vielzahl an Titeln und Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften? 
Gerhard Kaminski, heute Vorsitzender der gemeinsamen Turnabteilung des SC Berlin, sieht sie nicht nur in der ausgezeichneten materiellen Unterstützung. „Mit der Kinder- und Jugendsportschule und der mit ihr gegebenen Schulzeit-Verlängerung war eine wichtige Voraussetzung gegeben. Wir als Trainer bestimmten das Umfeld. Der Unterricht wurde um das Training herum geplant. Und dann waren wir auch eine dufte Truppe. Wir hatten uns voll im Griff.“ Wichtig war aber auch die ständige Weiterbildung der Trainer und der Einsatz von Methodikern wie Karl-Heinz Zschocke, der internationale Neuigkeiten sofort in die Tagesarbeit einbrachte. Zschocke wurde 1984 in  Los Angeles zum Präsidenten des Technischen Komitees Männerturnen in der FIG gewählt. Er führte im SC Dynamo auch die Arbeit an Computern mit Videotechnik ein. So lernten Trainer und Turner gemeinsam am PC wie man den schwierigen Kovacs-Salto über die Reckstange optimal packen kann.

Nach der Wende half Kaminski, der von  1959 bis 1984 Cheftrainer war, in der Turnhalle am Vorarlberger Damm im Westteil der Stadt. Alsbald verband ihn eine enge Turnerschaft mit Klaus Lehmann, mit dem er gemeinsam das Kampfrichterwesen zusammen- und eine neue Generation heranführte. Einer ist der frühere Weltklasseturner Jens Milbradt. Zum Musterschüler der alten Hohenschönhausener Turnschule wurde jedoch Andreas Wecker, der 1996 seine Laufbahn mit dem Olympiasieg am Reck krönte. Sein Trainer: Lutz Landgraf, einst Schüler an der KJS und Turner im SC Dynamo, einer wie Kaminski, ein nicht berühmter.
Die letzten Erfolge der Turnerinnen liegen jedoch in der Vorwende-Zeit. Die Kette großer Erfolge, die über Maxi Gnauck, Gabriele Fähnrich, Dörte Thümmler und Dagmar Kersten führte, riss ab. Vorläufig letzte olympische Turnerin war 1996 Yvonne Pioch....

Hans-Jürgen Zeume /Berlin
(gymmedia)

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